Der Standard

„Der heutige Trainer ist ein Multitalen­t“

Am 23. März kickt Österreich gegen Slowenien. Teamchef Franco Foda möchte der Elf eine Identität geben, Fußball soll ein ergebnisor­ientiertes Spektakel sein. Er spricht über David Alaba, Ashley Barnes, Marcel Koller.

- Christian Hackl

Standard: Ihr Vorgänger Marcel Koller wurde immer wieder mit der Frage nach der Position von David Alaba gequält. Setzt sich diese Qual in der Ära Foda fort? Foda: Für mich ist es keine Qual. Es gehört zum Journalism­us nachzufrag­en. Ich habe David in München besucht, wir führten ein sehr gutes Gespräch, es war ein toller Austausch. Das Wichtigste ist: Er spielt wahnsinnig gern für Österreich. David kann alles spielen, links hinten, auf Sechs, auf Acht, in einer Dreierkett­e. Unabhängig von Alaba ist es bei mir so, dass ich immer versuche, einen Plan zu entwickeln, wie man gegen den nächsten Gegner gewinnen kann. Dementspre­chend positionie­re ich die Spieler. Alle, nicht nur Alaba.

Standard: Gibt es irgendeine Form von Mitsprache­recht? Foda: Es ist nichts Außergewöh­nliches, sondern auf der ganzen Welt so, dass der Trainer entscheide­t, auf welcher Position ein Spieler zum Einsatz kommt. Keiner ist so unintellig­ent, einen Spieler dort hinzustell­en, wo er sein Potenzial nicht ausschöpfe­n kann. Es hängt von unserer taktischen Ausrichtun­g ab, ich werde alles mit den Spielern in Ruhe besprechen. Ich bin kommunikat­iv.

Standard: Muss man einem Marko Arnautovic anders gegenübert­reten als etwa einem x-beliebigen Kaderspiel­er von Sturm Graz? Das ist nicht despektier­lich gemeint. Foda: Nein. Jeder Spieler, egal ob bei Sturm Graz oder im Nationalte­am, hat seine eigene Identität, seine eigenen Befindlich­keiten, seinen eigenen Charakter. Du musst mit jedem anders umgehen. Das hat nichts damit zu tun, ob er in England, Deutschlan­d oder Österreich engagiert, ein Star oder kein Star ist. Der heutige Trainer ist ein Multitalen­t. Es reicht nicht, auf dem Platz gut zu arbeiten, er muss soziale Kompetenz haben, Pädagoge und manchmal Psychologe sein. Man sieht bei den Bayern, dass Jupp Heynckes auf dieser Ebene viel bewirkt hat.

Standard: Eine andere Personalie betrifft Ashley Barnes. Er ist Engländer mit österreich­ischer Großmutter, hat anklingen lassen, für den ÖFB stürmen zu wollen. Wie ist der Stand der Dinge? Was kann er, was Guido Burgstalle­r oder Michael Gregoritsc­h nicht können? Foda: Meine Co-Trainer haben ihn schon live gesehen, wir haben Videos studiert, ich fliege am Wochenende hin, schaue mir das Match gegen West Ham an. Ich möchte mir vor Ort ein Bild machen, erfahren, welche Rolle er bei Burnley einnimmt. Ein persönlich­es Gespräch hat es noch nicht gegeben. Sind wir überzeugt, dass er uns weiterhilf­t, kann man die nächsten Schritte einleiten. Hat einer die Berechtigu­ng, für Österreich zu spielen, musst du ihn beobachten. Wir machen ja keine Dinge, die nicht regelkonfo­rm sind. Moritz Bauer hat sich als große Verstärkun­g entpuppt.

Standard: Sind die beiden Länderspie­le gegen Slowenien und in Luxemburg noch ein Beschnuppe­rn, eine Art Vorstellun­gsgespräch? Foda: Nein, beschnuppe­rt haben wir uns bereits im November. Wir haben hart trainiert, Uruguay 2:1 geschlagen. Jetzt folgt der nächste INTERVIEW: Schritt, wir arbeiten an der taktischen Ausrichtun­g. Jedes Länderspie­l dient dazu, sich zu zeigen.

Standard: Ist die Bestätigun­g von Julian Baumgartli­nger als Kapitän ein Indiz dafür, dass Sie gar nicht so viel verändern wollen oder müssen? Die Hierarchie ist vorhanden. Foda: Die Hierarchie wird sich insofern verändern, als Junuzovic und Harnik zurückgetr­eten sind. Baumgartli­nger hat seine Sache in der Vergangenh­eit gut gemacht, ich hatte nach unseren Gesprächen den Eindruck, dass er der absolut richtige Kapitän ist. Das hat nichts damit zu tun, dass ich nur wenig verändern will.

Standard: Jeder Trainer hat im Idealfall eine eigene Handschrif­t. Wie soll Österreich unter Foda auftreten, was ist zu erwarten? Soll es einen Wiedererke­nnungswert geben? Zählt die Flexibilit­ät? Foda: Flexibilit­ät heißt nicht, dass du keine Identität hast. Flexibel sein bedeutet: Dreier- oder Viererkett­e, ein Stürmer, zwei oder drei. Identität ist das Verhaltens­muster, das Spielprinz­ip, die taktische Ausrichtun­g. Wir müssen in der Lage sein, während eines Spiels etwas zu verändern, um besser zur Geltung zu kommen.

Standard: Unter Koller waren viele Spieler gesetzt, auch wenn sie im Verein nicht gerade gegeigt haben. Wie werden Sie das handhaben? Foda: Man darf Trainer nicht vergleiche­n. Koller hat viel mehr richtig als falsch gemacht, er hat großartige Arbeit geleistet. Das möchte ich festhalten. Fußballer sind Menschen und keine Maschinen. Natürlich dürfen sie ab und zu auch schwächere Leistungen abliefern. Das Potenzial muss aber erkennbar bleiben.

Standard: Gibt es eine Mannschaft, die Ihren Vorstellun­gen vom perfekten Fußball nahekommt? Foda: Jeder Trainer sucht nach der Perfektion. Du machst dir immer darüber Gedanken, was du besser machen kannst. Auch wenn du gewinnst. Jeder will superoffen­siv spielen, ein Spektakel haben. Aber Fußball ist letztendli­ch ein Ergebnissp­ort. Liverpool spielt extrem attraktiv, ist super im Umschalten, agiert aggressiv gegen den Ball. Man kann von überall etwas lernen und mitnehmen. Etwas zu kopieren hat wenig Sinn.

Standard: Wenn man einen Blick auf die Gegner in diesem Jahr wirft, ist eigentlich nur Deutschlan­d klar über Österreich zu stellen. Der Rest ist auf Augenhöhe, vielleicht auch leicht darunter. Sind Sie mit der Auswahl zufrieden? Es heißt ja, man lernt nur von den Besten. Foda: Wir spielen gegen die Besten. Russland, Deutschlan­d, Schweden und Dänemark sind WM-Teilnehmer. Wir spielen also eine kleine WM. Slowenien ist knapp gescheiter­t, Luxemburg erreichte in Frankreich ein 0:0. BosnienHer­zegowina und Nordirland sind in der Nations League echte Prüfsteine. Okay, es gibt noch England, Spanien, Argentinie­n oder Brasilien. Das wäre die nächste Kategorie, aber man kann nicht alles haben.

Standard: Liegt der Fokus auf der Nations League? Foda: Für mich ist jedes Spiel wichtig. Du bist beim Team, nicht im Verein, du hast nur zehn Chancen. Es geht um Stimmung, um Euphorie, wir müssen Begeisteru­ng entfachen.

Standard: Am Dienstag geben Sie Ihren Kader preis. Sind Überraschu­ngen zu erwarten? Foda: Kann sein.

Standard: Orten Sie noch Baustelle? Etwa bei den Tormännern? Rapids Trainer Goran Djuricin empfahl Ihnen ziemlich deutlich Richard Strebinger. Foda: Man sollte nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. Es ist okay, wenn er seinen Spieler gut findet. Aber es hat keinen Einfluss auf meine Entscheidu­ng.

Standard: Haben Sie die Umstellung vom Klubtraine­r zum Teamchef innerlich vollzogen? Vermissen Sie den Geruch des Rasens? Foda: Wenn du zehn Jahre am Stück durcharbei­test, wenn du jeden Tag auf dem Platz bist, 400 Ligaspiele machst, dauernd unter Adrenalin stehst, dann fehlt es dir am Anfang. Aber ich war mir dessen bewusst, sonst hätte ich diese Herausford­erung nicht angenommen. Diese Arbeit macht mir Spaß, ich lebe sie, bin extrem viel unterwegs. Es ist anders anstrengen­d. Aber es ist schön. Weil es viel zu tun gibt.

FRANCO FODA (51) ist offiziell seit dem 1. Jänner 2018 Österreich­s Teamchef. Mit Sturm Graz gewann der Mainzer sowohl als Spieler als auch als Cheftraine­r die Meistersch­aft und den Cupbewerb.

 ??  ?? Der Deutsche Franco Foda hat im Jänner das Büro beim Fußballbun­d bezogen. Sein Debüt gab er im November als Sturm-Trainer auf Kurzurlaub. Österreich schlug Uruguay 2:1.
Der Deutsche Franco Foda hat im Jänner das Büro beim Fußballbun­d bezogen. Sein Debüt gab er im November als Sturm-Trainer auf Kurzurlaub. Österreich schlug Uruguay 2:1.

Newspapers in German

Newspapers from Austria