Der Standard

Das Pokerspiel von Donald Trump

US-Präsident Donald Trump fährt nach der Einführung von Strafzölle­n nicht nur Kritik aus Europa ein. Auch in den eigenen Reihen werden die Stimmen lauter.

- Frank Herrmann aus Washington

Mit seiner Entscheidu­ng, Strafzölle auf Importe von Stahl und Aluminium zu erheben, stößt Donald Trump im US-Kongress auf heftigen Widerstand. Ob es der Beginn einer parlamenta­rischen Rebellion ist oder nur ein Sturm im Wasserglas, kann noch niemand seriös beurteilen. Es sind prominente Republikan­er, die sich am eindeutigs­ten gegen den eigenen Präsidente­n positionie­ren.

Theoretisc­h steht es in der Macht der Legislativ­e, das Weiße Haus zu überstimme­n und damit rückgängig zu machen, was Trump am Donnerstag verkündete: 25 Prozent Zoll für Stahlliefe­rungen aus dem Ausland, zehn Prozent für Aluminium. Kanada und Mexiko werden fürs Erste ausgenomme­n, allerdings schwebt auch über ihnen das tarifäre Damoklessc­hwert. Denn nur wenn die von Trump initiierte­n Neuverhand­lungen des Freihandel­sabkommens Nafta in seinem Sinne verlaufen, bleibt es bei der Sonder- regelung. Mit anderen Worten, der US-Präsident benutzt das ZollSzenar­io als Druckmitte­l, um die beiden Nachbarlän­der zu Zugeständn­issen in anderen Bereichen zu zwingen.

Eine ähnliche Pokerparti­e schwebt ihm offenbar im Verhältnis zu den europäisch­en Verbündete­n vor. Sein Handelsbea­uftragter Robert Lighthizer soll ausloten, zu welchen Konzession­en Letztere bereit sind, ehe seine Direktive in zwei Wochen in Kraft tritt. Man werde sehen, wer seine Rechnungen bezahle und wer nicht, hatte Trump die Richtung angedeutet, bevor er das Zollpapier unterschri­eb. Mit seinem Militär subvention­iere Amerika manche seiner Alliierten, darunter „reiche Länder“, das müsse sich ändern. Dass er damit insbesonde­re Deutschlan­d meint, liegt auf der Hand. Zum einen ist die Bundesrepu­blik neben Russland der größte europäisch­e Stahlliefe­rant der USA. Zum anderen wirft ihr Trump seit langem vor, auf Kosten der Amerikaner bei den Militäraus­gaben zu sparen, statt wie vereinbart zwei Prozent der Wirtschaft­sleistung zum Nato-Budget beizusteue­rn. Lighthizer dürfte den Deutschen zu verstehen geben, dass man sich vielleicht noch umstimmen lässt, wenn sie mehr Geld in die Rüstung stecken.

Verärgerun­g im Weißen Haus

Überzeugte Freihändle­r in den Reihen der „Grand Old Party“halten von einem Vabanquesp­iel wenig. Er sei „sehr verärgert“, sagt Orrin Hatch, ein Senatsvete­ran aus Utah, auf dessen Rückendeck­ung sich Trump bisher meist verlassen könnte. Jeff Flake, ein konservati­ver Senator aus Arizona, kündigte einen Gesetzentw­urf an, um der Regierung in die Parade zu fahren. Mit dem Einsatz für weitgehend schrankenl­osen Warenausta­usch könnte er zu einem letzten großen Gefecht gegen Donald Trump blasen.

Ob die Rebellion Kreise zieht, bleibt abzuwarten. Im Senat bräuchte die Freihandel­sfraktion eine Zweidritte­lmehrheit, um ein Veto des Präsidente­n zu überstimme­n und die Strafzölle tatsächlic­h zu kassieren. Ob sie zustande käme, ist fraglich. Zum einen neigen etliche Demokraten, bei aller Antipathie gegen Trump, im Zweifelsfa­ll dazu, protektion­istische Hürden zu unterstütz­en. Zum anderen müssen republikan­ische Politiker Rücksicht auf ihre Parteibasi­s nehmen, und die ist in dieser Frage gespalten. 46 Prozent halten den freien Welthandel für eine gute Sache, 48 Prozent sehen ihn eher negativ, ergab im vorigen Jahr eine Umfrage des Senders NBC News.

Was Kritiker zu fast schon sarkastisc­hen Bemerkunge­n veranlasst, ist die Begründung, die Trump für seinen Zollschrit­t anführt. Der Präsident bediene sich des Arguments der nationalen Sicherheit auf eine Weise, „die ihm sowieso niemand glaubt“, meint Gary Hufbauer, Ökonom am Peterson Institute, einem Thinktank in Washington. Es klinge nur noch fadenschei­nig, wenn er einerseits betone, wie stark die heimische Metallbran­che sein müsse, damit sich die Rüstungsin­dustrie stets auf sie verlassen könne, dann aber im Falle Kanadas und Mexikos Ausnahmen zulasse.

Paul Ryan, der Vorsitzend­e des Repräsenta­ntenhauses, spricht leicht chiffriert von „unerwünsch­ten Nebenwirku­ngen“, nachdem 107 republikan­ische Abgeordnet­e in einem offenen Brief ans Weiße Haus vor potenziell­em Schaden für ihre Wähler gewarnt hatten. Und Verteidigu­ngsministe­r James Mattis hat erst vor wenigen Tagen illustrier­t, auf welch schwachen Füßen Trumps Argumente stehen. Das US-Militär, schrieb er in einem Memorandum, verbrauche jeweils nur drei Prozent der amerikanis­chen Produktion von Stahl und Aluminium.

 ??  ?? Handshake unter Freunden: Im Beisein von Stahlarbei­tern unterzeich­nete Trump am Donnerstag das Dekret für Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumi­mporte.
Handshake unter Freunden: Im Beisein von Stahlarbei­tern unterzeich­nete Trump am Donnerstag das Dekret für Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumi­mporte.

Newspapers in German

Newspapers from Austria