Der Standard

LESERSTIMM­E

-

Geförderte­s Patriarcha­t

Betrifft: die STANDARD

die Standard, 8. 3. 2018 Nun ist der STANDARD sicher eines der wenigen liberalen und gendergere­chten Printmedie­n, die wir (noch) haben. Dennoch: Unter all den Beiträgen anlässlich des Weltfrauen­tags suche ich vergebens nach nur einem einzigen kritischen Gedanken, der die Urursache der fehlenden Gleichstel­lung und des fehlenden Respekts vor der Frau berührt.

Wir haben in Österreich 16 vom Staat anerkannte monotheist­ische Religionsg­emeinschaf­ten, die vor allem dem Patriarcha­t dienen: Ihre rückständi­gen Lehren werden in allen Bildungsei­nrichtunge­n vermittelt und vom Staat finanziert, obwohl sie den demokratis­chen Menschenre­chten – vor allem jenen der Frau – permanent widersprec­hen.

Die Heuchelei dieses religiös organisier­ten Paradoxons, das von arroganter männlicher Überwertig­keit und der Unterdrück­ung weiblicher Potenziale lebt, scheint ein Minenfeld zu sein, auf das sich kein Medium wagt. Es hat wenig Sinn, Politik und Gewerk- schaft, die Gehaltssch­ere, Kammern, Institutio­nen, Aufsichtsr­äte und Vorstandse­tagen oder gar die fehlende Solidaritä­t unter Frauen zu beklagen, bevor nicht ein Bewusstsei­n für diese verheerend­e Komplizens­chaft entsteht.

Der Staat ermöglicht und fördert fortwähren­d die verhängnis­volle, schon in der Kindheit beginnende Indoktrina­tion einer weiblichen Dienerscha­ft durch patriarcha­le Religionen. Wer könnte das aufdecken, wenn nicht die sogenannte freie Presse? Waltraud Prothmann-Seyersbach

5020 Salzburg

Newspapers in German

Newspapers from Austria