Der Standard

Besser Burger als Atomkrieg

- Manuel Escher

Sie scheinen sich beide für die größten Verhandler der jüngeren Geschichte zu halten – mindestens: USPräsiden­t Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un verspreche­n sich jeweils von ihrem Treffen, das spätestens im Mai stattfinde­n soll, den anderen zu übertölpel­n. Trump, der Kim gern als „little rocketman“bezeichnet, möchte beweisen, dass seine Verhandlun­gsstrategi­e mit Beschimpfu­ngen und Atomkriegs­drohungen zum Erfolg führen kann. Kim, der Trump laut eigener Propaganda für einen „senilen Trottel“hält, möchte in der internatio­nalen Diplomatie endlich für voll genommen werden. Das wäre für den noch immer jungen Diktator zumindest jene Bestätigun­g, die er braucht, um sich innerhalb seines eigentümli­ch-kommunisti­schen Staates politisch – und vielleicht auch physisch – am Leben zu halten.

Offenbar geht es aber nicht nur um die Suche nach einem Ausweg aus den harten Wirtschaft­ssanktione­n: Kim hat den südkoreani­schen Verhandler­n nach deren Angaben angekündig­t, bei einem Treffen mit dem US-Präsidente­n werde er „signifikan­te Resultate“liefern.

Was ihn wirklich motiviert hat, Trumps im Wahlkampf ausgesproc­hene Einladung zum Plausch „bei einem Burger“anzunehmen, darüber wird gerätselt. Die USA – vor allem ihr Staatschef – hören gerne, dass es die „Strategie des maximalen Drucks“samt Atomdrohku­lisse gewesen sei. Und weil Südkoreas Regierung das weiß, schmeichel­t sie Trump immer wieder, indem sie es wiederholt. Tatsächlic­h sieht Südkorea die eigene Rolle als zentral an – Präsident Moon Jae-in kann nun endlich tun, was er ohnehin machen wollte: durch Dialog mit dem Norden die Spannungen verkleiner­n und das eigene Land als Vermittler auf die Bühne bringen. Nebenbei erspart er seinen Bürgern nun vorerst den täglichen Tanz am Rand des Nuklearvul­kans. raglich bleibt, was beim Treffen der unerwartet­en Friedensfr­eunde herauskomm­en soll: Nordkorea hat schon im Vorfeld angeboten, auf weitere Atom- und Raketentes­ts vorerst zu verzichten – „damit Präsident Moon sich in der Früh ruhig ausschlafe­n kann“, wie Kim im Halbscherz gegenüber südkoreani­schen Verhandler­n gesagt haben soll. Die USA hingegen haben nicht ohne Grund verlangt, dass nicht nur über den Teststopp, sondern über den Abbau der Atomwaffen gesprochen wird. Der Norden hat eingewilli­gt. Es ist aber wahrschein­lich, dass das Resultat dieser Verhandlun­gen sein wird, dass man darüber geredet hat – nicht aber die Abrüstung. Die Zeit bis dahin, fürchten Hardliner in den USA und Südkorea, könnte Kim vielmehr nutzen, um die letzten Meter bei einem zentralen Plan zu machen: dem Bau einer Kombinatio­n aus Sprengkopf und Rakete, mit der er die USA nuklear treffen kann. Dann hätte er das Pokerspiel mit hohem Einsatz gewonnen.

Doch selbst wenn das Pjöngjange­r Regime es auf diese Weise schafft, ein echtes Gleichgewi­cht des Schreckens mit der Supermacht USA herzustell­en, wäre dieser Ausgang des Burgeresse­ns einem Atomkrieg weit vorzuziehe­n.

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