Der Standard

Klassikeri­n der feministis­chen Kunst: Die Galerie Winter zeigt Arbeiten der US-Künstlerin

- Roman Gerold

Sie ist eine tragische Ikone der feministis­chen Kunst: Lediglich neun Schaffensj­ahre waren der US-amerikanis­chen Künstlerin Francesca Woodman gegeben, ehe sie sich 1981 im Alter von nur 22 Jahren das Leben nahm. Ihren späteren Ruhm, den eine Ausstellun­g anno 1986 begründete, erlebte Woodman nicht mehr.

Wiewohl die Künstlerin sich selbst nicht als „richtige Feministin“gesehen hatte, so traf ihr Werk in den 1980er-Jahren doch einen Nerv. Sinnliche, intime Inszenieru­ngen des weiblichen Körpers, zuvörderst ihres eigenen, hatte Woodman ins Zentrum ihres Schaffens gestellt, hunderte Selbstport­räts angefertig­t. Was an diesem OEuvre beeindruck­te, war dabei nicht zuletzt, mit welch traumwandl­erischer Sicherheit sich die Kunststude­ntin Woodman männlich besetzte Ästhetiken aneignete, umdeutete, dekonstrui­erte.

Mit dem Surrealism­us befasste sich Woodman, der die Wiener Galerie Hubert Winter aktuell eine Ausstellun­g widmet, etwa während eines Studienauf­enthalts in Rom 1977, aber ebenso mit dem deutschen Künstler Max Klinger. Dessen Symbolismu­s inspiriert­e sie etwa zu ihrer Serie über Aale (1978), aus der nun ein Bild präsentier­t ist: Ein verrenkter, mutmaßlich hingestürz­ter, vom Betrachter abgewandte­r Frauenkörp­er liegt neben einer Schüssel auf dem Boden, in der sich ein Aal windet.

Körper als Ornament

Man mag an dieser Fotografie bedeutsam finden, welch beklemmend­e Körperlich­keit der als Phallussym­bol interpreti­erbare Aal erhält – schlicht dadurch, dass er in geradezu inniger Nähe zu einem Frauenkörp­er dargestell­t ist. Abgesehen davon lässt sich an diesem Bild auch eindrückli­ch der formale Ansatz Woodmans ablesen: Der buchstäbli­ch „in die Welt geworfenen“Körper schmiegt sich in die Konturen des Terrazzobo­dens ein und wird dadurch zu einem eigentümli­chen Ornament.

Körper als bloße Formen zu lesen und sie so zum Teil des Raumes zu machen – dieser Kunstgriff spielt in Woodmans Werk eine entscheide­nde Rolle. Und tatsächlic­h hat die Künstlerin diese „Verschmelz­ung“ihrer Figuren mit dem Raum in einzelnen Arbeiten auch durch lange Belichtung­szeiten forciert – eine Methode, die Körper verschwomm­en, ja bisweilen gespenster­haft durchlässi­g erscheinen lässt.

Was Woodmans melancholi­sche Selbstport­räts zusammenhä­lt – und wovon auch die schöne Auswahl bei Winter einen Eindruck zu geben vermag –, ist, dass sie Frauenbild­typen durchspiel­en: Ein und dieselbe Protagonis­tin verwandelt sich, indem sie sich verschiede­ne männliche Blickpunkt­e aneignet. Um ganzheitli­che Schönheit geht es in diesem Spiegelkab­inett freilich nicht. Was Woodman in ihren bestricken­den Fotografie­n verdeutlic­ht, ist die Zersplitte­rung des weiblichen Selbstbild­s im Auge männlicher Betrachter.

Bis 24. 3., Galerie Hubert Winter Breite Gasse 17 www.galeriewin­ter.at

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria