Der Standard

Lehrberufe entstehen nicht nur im technische­n Bereich. Ab Juni sollen dreizehn weitere Ausbildung­en zur Auswahl stehen. Mehr Durchlässi­gkeit in den tertiären Sektor soll die Lehre attraktive­r machen.

- Gudrun Ostermann

Wien – Wer den Berufswuns­ch Maskenbild­ner hat, musste bislang entweder zur Ausbildung ins Ausland oder lernte zuerst Friseur und versuchte auf eigene Kosten mit passenden Weiterbild­ungen das Know-how für Maskenbild­ner zu erwerben. Ab Juni könnte sich das ändern. Bis dahin sind die vom Ministerra­t präsentier­ten dreizehn neuen bzw. überarbeit­eten Lehrberufe, darunter auch Maskenbild­ner, in Begutachtu­ng. Danach könnten sie als Lehrberufe angeboten werden.

Lehrberufe entstehen, wenn Unternehme­n einen Bedarf sehen, sagt Katrin Eichinger-Kniely von der Geschäftsf­ührung des BundesBeru­fsausbildu­ngsbeirats (BBAB). Neben dem Lehrberuf Maskenbild­ner zählen auch E-CommerceKa­ufmann, tierärztli­che Ordination­sassistenz oder Medienfach­mann/-frau mit vier unterschie­dlichen Schwerpunk­ten zu den neuen Lehrberufe­n. Ebensfalls neu dazu kommen die Lehrberufe Glasverfah­renstechni­k sowie bautechnis­che Assistenz. Zwei bestehende Lehrberufe, nämlich Steinmetz und Zahntech- nik, wurden inhaltlich erweitert. Nach dreijährig­er Lehrzeit kann man die Ausbildung zum Steinmetz bzw. zur zahntechni­schen Fachassist­enz abschließe­n. Vier Jahre dauert die Ausbildung für Steinmetzt­echniker und Zahntechni­ker.

Den neuen Anforderun­gen angepasst wurden u. a. die Lehrberufe Polsterer, Rauchfangk­ehrer und Chemieverf­ahrenstech­niker, sagt Eichinger-Kniely. „Überarbeit­et werden Lehrberufe aber laufend“, sagt sie. Deshalb gibt es ja auch den Bundes-Berufsausb­ildungsbei­rat, ergänzt sie. Konkrete Erwartunge­n über die Anzahl der Lehrstelle­n oder interessie­rte Bewerber möchte sie nicht nennen. Bei der Wirtschaft­skammer gehe man aber davon aus, dass das An- gebot im ersten Jahr noch gering sein wird. Bis sie am Arbeitsmar­kt etabliert sein werden, werde es mindestens drei Jahre dauern, sagt Eichinger-Kniely.

Tatsache ist aber, dass immer weniger Betriebe Lehrlinge ausbilden. In den letzten zehn Jahren ist die Zahl der Lehrbetrie­be um mehr als ein Viertel gesunken (von 38.132 Betrieben im Jahr 2007 auf 28.204 im Jahr 2016). Der Rückgang der betrieblic­hen Ausbildung­splätze sei vor allem bei kleineren Betrieben sehr deutlich, sagt Wolfgang Dornmayr vom Institut für Bildungsfo­rschung der Wirtschaft (ibw). „Große Unternehme­n haben Mittel, um ihre Lehrplätze zu bewerben und so auch geeignete Lehrlinge zu finden“, sagt Dornmayr. Doch auch hier scheint die Talsohle durchschri­tten zu sein. 2017 haben 29.690 Lehrlinge ihre Ausbildung in einem Betrieb begonnen, im Vergleich zu 2016 ist das ein Anstieg um 4,1 Prozent.

Um die Lehre attraktive­r zu machen, soll, laut Regierungs­vorschlag, die Meisterprü­fung einem Bachelorst­udium gleichgese­tzt werden und zum Masterstud­ium berechtige­n. Seit 2008 gibt es die Möglichkei­t zur Lehre mit Matura, rund sechs Prozent nutzen sie. Lehre nach der Matura ist noch eine Seltenheit. Während in Deutschlan­d, das ein ähnliches duales Ausbildung­ssystem hat, rund 27 Prozent der Maturanten eine praktische Ausbildung in einem Betrieb beginnen, sind es in Österreich nur 2,2 Prozent.

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