Der Standard

May reagiert auf Gift-Anschlag

Rede der Premiermin­isterin im Unterhaus erwartet

- Sebastian Borger aus London

Gut eine Woche nach dem GiftAnschl­ag in Salisbury steht Großbritan­nien offenbar kurz davor, Sanktionen gegen Russland zu verhängen. Am Montag tagte unter Vorsitz von Premiermin­isterin Theresa May der Nationale Sicherheit­srat – am Abend wollte die Regierungs­chefin im Unterhaus die Konsequenz­en der bisherigen Ermittlung­sarbeit mitteilen. Weil ein russischer Überläufer, Sergej Skripal, sowie dessen Tochter Opfer des Attentats mit einem Nervenkamp­fstoff waren, gehen viele Beobachter von einer Urhebersch­aft Russlands aus.

Bisher hat sich London bedeckt gehalten. Zwar sprach Außenminis­ter Boris Johnson von Präsident Wladimir Putins autoritäre­m Regime als einem „bösartigen und Unruhe stiftenden“Staat. Eine Schuldzuwe­isung im Fall Skripal vermied er aber ebenso wie Innenminis­terin Amber Rudd. Außenpolit­ik-Experten geben sich offener. „Ich wäre überrascht, wenn die Regierung nicht den Kreml verantwort­lich machen würde“, sagte der Vorsitzend­e des Auswärtige­n Ausschusse­s im Unterhaus, Tom Tugendhat, der BBC. Sergej, 66, und Julia Skripal, 33, werden seit Sonntag letzter Woche auf der Intensivst­ation des Bezirksspi­tals von Salisbury behandelt, ihr Zustand gilt als kritisch.

Art des Attentats rätselhaft

Skripal hatte im militärisc­hen Geheimdien­st Russlands gedient, zuletzt als Oberst. Als Spion des britischen Auslandsdi­enstes MI6 verurteilt, kam er 2010 im Rahmen eines Agentenaus­tausches frei und lebte seither in England.

Die Art des Attentats stellt Geheimdien­st-Beobachter vor ein Rätsel. Normalerwe­ise würden unerwünsch­te Personen auf geräuschlo­se Weise umgebracht, glaubt ein Kenner der Verhältnis­se. Dieser Theorie zufolge hätten die Attentäter von Salisbury entweder gepfuscht, oder sie wollten mit ihrer Vorgehensw­eise ein Signal setzen. Letzterer Variante neigt der konservati­ve UnterhausA­bgeordnete Edward Leigh zu: Er spricht von einer „Demütigung unseres Landes“.

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