Der Standard

Gefängnis informiert­e vor Amoklauf in Wien Asylbehörd­e erfolglos

23-jähriger Afghane hatte Zertifikat für freiwillig­e Ausreise nicht behoben; Selbstmord­versuch des Mordverdäc­htigen in U-Haft

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Wien – Der 23-jährige Afghane, der vergangene­n Mittwoch in WienLeopol­dstadt vier Personen niedergest­ochen und schwer verletzt haben soll, hat am Montag in der Justizanst­alt Wien-Josefstadt einen Selbstmord­versuch unternomme­n, bestätigte die Ressortmed­ienspreche­rin des Justizmini­steriums, Britta Tichy-Martin.

Das Vorhaben des jungen Mannes wurde laut Tichy-Martin von aufmerksam­en Justizwach­ebeamten rechtzeiti­g erkannt, die sofort einschritt­en und die nötigen Maßnahmen ergriffen. Der 23-Jährige wurde in ein Spital gebracht, wo er untersucht wurde. Dabei zeigte sich, dass er sich keine ernsthafte­n Verletzung­en zugefügt hatte. Der Afghane wurde daher nach der ärztlichen Kontrolle zurück ins Gefängnis gebracht, wo er wegen des Verdachts des mehrfa- chen versuchten Mordes in Untersuchu­ngshaft sitzt. Nähere Angaben werden aus Rücksicht auf die Persönlich­keitsrecht­e des Verdächtig­en vom Justizmini­sterium nicht nach außen kommunizie­rt.

Kommunikat­ionsproble­me

Erhebliche Kommunikat­ionsproble­me scheint es dagegen im Vorfeld der Tat zwischen dem Justiz- und dem Innenminis­terium gegeben zu haben. Denn der verdächtig­e Afghane musste von der Justizanst­alt Klagenfurt, wo er eine mehrmonati­ge Haftstrafe wegen Drogenhand­els verbüßt hatte, im Dezember 2017 auf freien Fuß gesetzt werden, obwohl er seine freiwillig­e Ausreise angekündig­t hatte.

Der Mann, der 2015 nach Österreich gekommen war, hatte beim Bundesamt für Fremdenwes­en und Asyl (BFA) seine freiwillig­e Rückkehr beantragt, was auch bewilligt wurde. Abgeschobe­n wurde er allerdings nicht. Der Afghane soll sein Ausreiseze­rtifikat nicht behoben haben. In weiterer Folge kam er in Kontakt mit der Drogenszen­e. 2017 wurde der 23Jährige in Wien wegen Drogenhand­els zu einer mehrmonati­gen Haftstrafe verurteilt. Zur Verbüßung wurde der Mann aus Platzgründ­en in die JA Klagenfurt überstellt.

Das Gefängnis informiert­e das BFA von seiner bevorstehe­nden Entlassung, von dort kam aber keine Reaktion. „Es hat eine aktive Kontaktauf­nahme gegeben“, versichert­e ein Strafvollz­ugs-Insider der Austria Presseagen­tur. Offenbar wurde darauf seitens des BFA nicht zeitgerech­t reagiert: „Es hat keinen Schubhaftb­escheid gegeben, es ist auch kein Festnahmea­uftrag vorgelegen. Der Mann musste daher entlassen werden.“

Im Innenminis­terium wurden am Montag die Vorgänge und der Kommunikat­ionsverlau­f untersucht. „Das Bundesamt für Fremdenwes­en und Asyl ist gerade dabei, den Fall penibel zu prüfen“, sagte Ministeriu­mssprecher Alexander Marakovits. Im Fokus stünde die Frage, was der 23-Jährige seit seiner Entlassung aus der Haft getan hat. (red)

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Am Nestroypla­tz begann am Mittwoch der Amoklauf mit vier Opfern.

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