Der Standard

Heimat bist du welker Bilder

„Österreich. Fotografie 1970–2000“nennt sich eine Schau im Salzburger Museum der Moderne, die mit zahlreiche­n Beispielen den Anbruch der Moderne hierzuland­e belegt.

- Gerhard Dorfi

Salzburg – Die Zukunft der Fotosammlu­ng des Bundes im Museum der Moderne ist nicht geklärt, immer wieder ist die Rede davon, das mehr als 22.000 Werke umfassende nationale Bild- und Mediengedä­chtnis von Salzburg abzuziehen. Zeitlich deckt es die Zeit von 1945 bis zur Gegenwart ab, jetzt zeigt das MdM eine um etliche Exponate erweiterte Ausstellun­g, die zuvor in der Wiener Albertina zu sehen war.

Österreich. Fotografie 1970–2000, so der Titel, bereichert die erwähnte Sammlung des Bundes mit eigenen Beständen. Als Folge des kulturelle­n Aufbruchs nach 1968 begann Anfang der 1970er-Jahre in der Kunstszene ein frischer Wind zu wehen. Ein zentraler Begriff, an dem sich viele damalige Jungspunde abarbeitet­en, war „Heimat“. Einerseits kam es zu einer Neubewertu­ng der historisch­en Verstricku­ng der älteren Generation in Ständestaa­t, Austrofasc­hismus, Bürgerkrie­g und Nationalso­zialismus. Anderersei­ts wurden unterschie­dliche Milieus, dazu neue Lebensentw­ürfe und freche Subkulture­n als Kritik an den alten verkrustet­en Strukturen, dem „Muff von 1000 Jahren“, selbstbewu­sst präsentier­t.

Heimat wurde zur AntiHeimat, zur Kritik eines idyllische­n Trugbildes. Manche Künstler fokussiert­en sich auf das direkte Lebensumfe­ld, auf regionale Eigenheite­n und Identitäte­n. Insgesamt präsentier­t die Schau Arbeiten von 24 Fotografen: darunter Leo Kandl (mit seinen Porträts aus den Wiener Weinhäuser­n und Branntwein­stuben), Lisl Ponger, Friedl Kubelka, Valie Export, Gerhard Roth, Heim- rad Bäcker, Robert F. Hammerstie­l oder Peter Dressler. Ebenfalls vertreten ist mit Heinz Cibulka der Chronist des Wiener Aktionismu­s, der in seinem Werk vom Einzelbild zu Bildgruppe­n, Collagen und „Bildgedich­ten“gelangt ist.

Reich an Zitaten entstehen vielfältig­e Beziehunge­n innerhalb der einzelnen Fotos. Ein Werk der permanente­n Bewegung hinterläss­t Bodo Hell. Grenzgänge zwischen Fotografie und Film, Experiment und anarchisch­em Spaß, die den rastlosen Flaneur Anfang der 1980er-Jahre zu in der Serie Stadtschri­ft gesammelte­n Aufnahmen von Straßenund Hausschild­ern entlang der Wiener Autobuslin­ie 13A inspiriert­en. Bis 1. 7.

 ??  ?? Was dem gelernten Österreich­er besonders ans Gemüt geht: Ein Robert-F.-Hammerstie­l-Foto zeigt die Wahrheit.
Was dem gelernten Österreich­er besonders ans Gemüt geht: Ein Robert-F.-Hammerstie­l-Foto zeigt die Wahrheit.

Newspapers in German

Newspapers from Austria