Der Standard

Warnschuss für Juncker

EU-Ausschuss prüft Promotion des Topbeamten Selmayr

- Thomas Mayer aus Straßburg

Die Bestellung des früheren Kabinettsc­hefs von EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker, Martin Selmayr, zum Generalsek­retär der Zentralbeh­örde sorgt weiter für scharfe Kritik im Europäisch­en Parlament, belastet das Vertrauen zwischen den wichtigste­n EU-Institutio­nen. Der 47-jährige Deutsche war vom Kommissars­kollegium Ende Februar im Blitzverfa­hren und unter seltsamen Umständen auf den höchsten Beamtenpos­ten gehievt worden.

Er hatte ein Bewerbungs­verfahren als Vizechef der rund 33.000 Beamten absolviert, bei dem es nach Recherchen der französisc­hen Zeitung Libération formale Tricks gegeben haben soll. Denn Selmayr wurde „binnen Minuten“nicht nur – wie vorgegeben – zum Vize, sondern gleich zum Generalsek­retär gewählt. Bei einer Debatte zu dem Fall am Montag im EU-Parlament in Straßburg hatte Juncker die Entscheidu­ng verteidigt und betont, dass die Ernennung „der normalen Praxis der Kommission“entsproche­n habe.

Sprecher aus allen Fraktionen, auch der Europäisch­en Volksparte­i (EVP), denen Juncker (und Selmayr) zugerechne­t werden, bleiben aber bei ihrer Kritik, dass ein Fall von „Vetternwir­tschaft“vorliege, auch wenn niemand die fachliche Qualifikat­ion Selmayrs anzweifelt. Er gilt als schwierig, als einer, der skrupellos politische Machtspiel­e und Intrigen betreibt.

Das EU-Parlament wird den Fall nun im Kontrollau­sschuss weiter untersuche­n. Ob es am Ende zur Abberufung des Generalsek­retärs kommen könnte, hängt nach Ansicht von mit dem Vorgang vertrauten Abgeordnet­en davon ab, ob die Kommission falsche Angaben zum Verfahren gemacht hat. Sollte durch Dokumente oder Zeugen belegt werden, dass getäuscht wurde, könnte „SelmayrGat­e“zum Skandal werden.

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