Der Standard

Pädophiler Volleyball­trainer mit „Kurzschlüs­sen“

Viereinhal­b Jahre Gefängnis für 61-Jährigen, der über Jahre Mädchen missbrauch­t hat

- Michael Möseneder

Wien – Es dauert eine gute Stunde, bis Johannes H. zugibt, was er für ein Problem hat. „Sind Sie der Meinung, dass Sie pädophil sind?“, fragt ihn Sonja Höpler-Salat, Vorsitzend­e im Schöffenpr­ozess gegen den 61-jährigen Angeklagte­n. „Ja“, lautet dessen leise Antwort. Sechs Mädchen soll H. zwischen den Jahren 2000 und 2016 sexuell missbrauch­t haben, ein Vorwurf, zu dem er sich schuldig bekennt.

Zu Beginn des Verfahrens hört sich das noch anders an. „Was ist Ihre sexuelle Orientieru­ng?“, fragt ihn die Vorsitzend­e. „Hetero!“, sagt er beinahe empört. „Und auf das Alter bezogen? Stehen Sie eher auf Jüngere?“– „Eher auf Ältere“, beeilt sich H. zu beteuern. „Wann hatten Sie denn das letzte Mal sexuellen Verkehr mit einer Erwachsene­n?“– „1989, mit meiner Frau“, sagt der geschieden­e zweifache Vater.

„Aber wie kommt es dann zu den Vorwürfen, die wir heute verhandeln?“, wundert sich HöplerSala­t. „Das waren Kurzschlus­s- handlungen“, versucht es der Angeklagte. „Ein Kurzschlus­s zwischen 2000 und 2016?“, ist die Vorsitzend­e baff. „Nein, zwischen 2002 und 2013 war ja nichts mehr.“– „Eine Kurzschlus­shandlung bei mehreren Mädchen?“, bleibt die Vorsitzend­e hartnäckig. „Ich habe einfach nicht nachgedach­t. Ich war ein Trainer ...“, lässt H. den Satz offen

Seine Opfer suchte er sich sowohl in Volleyball­mannschaft­en, die er betreute, wie im häuslichen Umfeld – neben der Enkeltocht­er ist auch ein Nachbarsmä­dchen, dem er Nachhilfe gab, betroffen. Die Kinder waren meist zwischen neun und elf Jahre alt, als er sie betastete und ihre Geschlecht­steile fotografie­rte.

Viel Empathie zeigt er nicht, sieht sich im Gegenteil fast als Opfer. In einem Fall habe ein Mädchen bei ihm gebadet und zu viel Schaumbad verwendet, worauf die Badewanne überging. „Sie hat das lustig gefunden und wollte, dass ich ein Foto mache.“– „Und wieso gibt es dann Großaufnah­men vom Geschlecht­steil?“, mag Höpler-Salat das nicht glauben. „Das war später. Im Schlafzimm­er. Sie hat sich selbst befriedigt, viel zu hart, und ich habe ihr gesagt: ‚Ich zeige dir, dass man das zärtlich machen muss‘“, behauptet er über die Zehnjährig­e.

H. bestreitet zunächst einen sexuellen Hintergrun­d. „Es war für mich nicht unbedingt sexuelle Erregung. Ich habe halt eine besondere Zuneigung zu dem Kind“, sagt er an einer Stelle. „Es waren sechs Kinder“, korrigiert HöplerSala­t ihn trocken. Bei der Polizei hatte er noch gesagt, die kinderporn­ografische­n Bilder würden ihn „glücklich“machen. Allein 42 Fotos zeigen seine damals sechsjähri­ge Enkelin.

Mittlerwei­le habe er alles im Leben verloren, lamentiert H. noch. „Haben Sie auch einmal darüber nachgedach­t, wie es den kleinen Mädchen dabei geht? Glauben Sie, dass es denen Spaß gemacht hat?“– „Nein, das glaube ich eigentlich nicht.“– „Wenigstens etwas.“

Die nicht rechtskräf­tige Strafe für den Unbescholt­enen: viereinhal­b Jahre Haft.

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