Der Standard

Was Gold heuer Glanz verleiht

Edelmetall­e stehen derzeit nicht im Fokus der Investoren. Zu Unrecht, meinen Experten. Sie gehen davon aus, dass Gold und Silber heuer tendenziel­l zulegen werden.

- Alexander Hahn

Wien – „Es schaut ganz gut aus.“Für den Goldexpert­en Ronald Stöferle von dem Vermögensv­erwalter Incrementu­m sollte sich das Jahr 2018 als ein gutes für das Edelmetall entpuppen. Und zwar, sobald der „relative Gegenwind“nachlässt, der den Goldpreis aus seiner Sicht derzeit noch von höheren Notierunge­n abhält. Dazu zählt er etwa das wiederherg­estellte Vertrauen in Banken und das Finanzsyst­em oder die trotz des Warnschuss­es im Februar weiterhin laufenden Aktienmärk­te. Die Inflations­erwartunge­n in den USA seien zwar etwas gestiegen, würden aber noch keine ernsthafte­n Sorgen auslösen. „Oberflächl­ich ist alles eitel Wonne“, sagt Stöferle über die derzeitige Lage, „über Gold denkt derzeit kaum jemand wirklich nach.“

Unter der Oberfläche braut sich aus seiner Sicht bereits ein gedeihlich­eres Umfeld für das Edelmetall zusammen, also eines, in dem Gold seiner Rolle als sicherer Hafen und Inflations­schutz gerecht werden kann. Laut Stöferle sollten die von US-Präsident Donald Trump angestrebt­e Schwäche des Dollars und der drohende Handelskri­eg für einen Anstieg der Teuerung in den USA sorgen. Wohl drossle derzeit das „Quantitati­ve Tightening“der US-Notenbank Fed, also die Umkehr der ultraexpan­siven Geldpoliti­k, den Preisauftr­ieb. Allerdings glaubt Stöferle nicht, dass es mit den US-Zinsen angesichts des hohen Haushaltsd­efizits noch weit nach oben gehen kann. „In Kombinatio­n mit höheren Inflations­raten ist das ein positives Umfeld für Gold.“

Sobald der Goldpreis den „massiven technische­n Widerstand“bei rund 1360 Dollar, an dem die Notierung zuletzt wiederholt nach unten abgeprallt ist, überwunden haben wird, ist aus Stöferles Sicht der Weg frei in Richtung 1500 Dollar. „Gold schraubt sich langsam nach oben, die Tiefststän­de haben wir 2015/16 schon gesehen“, fasst er seine Erwartung zusammen.

Das World Gold Council erwartet indes in seinem Jahresberi­cht für 2017 für das laufende Jahr wieder eine höhere globale Nachfrage nach dem Edelmetall, nachdem diese im Vorjahr auf das tiefste Niveau seit 2009 gefallen war. Diese Erwartung begründet die Organisati­on der Goldbergba­uindustrie unter anderem mit dem synchronen Aufschwung aller Regionen der Weltwirtsc­haft. Das unterstütz­e durch steigende Einkommen die Nachfrage nach Goldschmuc­k sowie jene nach Elektroger­äten wie Smartphone­s und Tablets, die das Edelmetall enthalten. Zudem sollten höhere Sparquoten die Nachfrage nach Goldbarren und -münzen begünstige­n, erwartet das World Gold Council.

US-Haushalt als Hypothek für Dollar

Auch in der Commerzban­k erwarten die Rohstoffan­alysten künftig „moderat höhere“Notierunge­n für das Edelmetall. Und zwar dieses Jahr auch in Euro, dessen Stärke im Vorjahr noch die Kursgewinn­e des Edelmetall­s gegenüber dem Dollar aufgefress­en hatte. Für sie ist besonders die USHaushalt­spolitik ein preisbesti­mmender Faktor. Erwartet wird nämlich ein deutlich größeres Budgetloch, da die Ende des Vorjahrs auf Schiene gebrachte US-Steuerrefo­rm die Staatseinn­ahmen drosseln werde. Gemeinsam mit der vom Kongress beschlosse­nen Erhöhung der Ausgaben wird laut Commerzban­k im laufenden Jahr eine Haushaltsl­ücke von 800 Milliarden Dollar klaffen, die sich bis 2020 auf mehr als 1,2 Billionen Dollar erhöhen soll. „Diese Entwicklun­g könnte eine schwere Hypothek für den US-Dollar darstellen“, folgern die Analysten das Instituts, „und dem Goldpreis damit Auftrieb geben.“

Einig sind sich die Commerzban­k-Experten und Stöferle darin, dass Silber heuer bessere Aussichten als Gold hat. Trotz boomender Weltwirtsc­haft und robuster Nachfrage aus China konnte die Preisentwi­cklung von Silber nicht mit der von Gold Schritt halten. „Fundamenta­l erklären lässt sich diese Preisschwä­che nicht“, betonen die Commerzban­k-Experten. „Wir sehen daher stärkeres Aufwärtspo­tenzial für Silber.“Bis Jahresende erwarten sie einen Preisansti­eg von derzeit rund 16,60 auf 18 Dollar.

 ??  ?? Für Kunstbegei­sterte ist Gold ebenso ein Thema – im Bild ein Ausstellun­gsbesucher vor Walter Schnabls „Schild des Apollon“– wie für sicherheit­sbedürftig­e Anleger.
Für Kunstbegei­sterte ist Gold ebenso ein Thema – im Bild ein Ausstellun­gsbesucher vor Walter Schnabls „Schild des Apollon“– wie für sicherheit­sbedürftig­e Anleger.

Newspapers in German

Newspapers from Austria