Der Standard

Hochfreque­nte Streuung fürs Depot

Automatisc­he Algotrader stehen zwar in der Kritik, haben aber einen Vorteil für Anleger: Sie profitiere­n von Marktverwe­rfungen. Das macht die Aktien von deren Betreiberf­irmen als Depotbeimi­schung interessan­t.

- Alexander Hahn

Wien – Für sogenannte Algotrader oder Hochfreque­nzhändler war 2017 kein allzu gutes Jahr. Denn sie haben völlig andere Interessen als normale Anleger. Zu geradlinig ging es an den Aktienmärk­ten nach oben, kaum Verwerfung­en waren an den Finanzmärk­ten auszumache­n, von denen sie überdurchs­chnittlich hätten profitiere­n können. Sie nutzen Computerpr­ogramme und blitzschne­lle Leitungen zu den Börsenbetr­eibern, um geringste Zeitvortei­le dazu zu nutzen, selbststän­dig in Sekundenbr­uchteilen an den Märkten zu kaufen und zumeist sofort wieder zu veräußern.

Viele kleine Transaktio­nen mit geringen Gewinnen summieren sich so zum Reibach für die Algotrader – und das funktionie­rt am ertragreic­hsten, wenn es an den Börsen kräftig rumpelt. Entspreche­nd dünn sind die Erträge dieser auch als Geldrobote­r bezeichnet­en Anlagevehi­kel im Vorjahr ausgefalle­n, wie die Finanzberi­chte der börsennoti­erten Vertreter offenbaren. Einer davon ist die US-Firma Virtu Financial, ein weiterer die niederländ­ische Flow Traders, die im Vorjahr etwa einen Ertragsein­bruch um mehr als die Hälfte auf knapp 40 Millionen Euro verzeichne­te. Doch heuer zeichnet sich dank der kräftigen Korrektur der Wall Street im Februar eine Trendwende ab.

Zeitgleich mit dem Volatilitä­tsindex VIX, der auch als Angstbarom­eter der Aktienanle­ger gilt, machte die Aktie einen Satz nach oben – was das Papier auch für Pri- vatanleger als Depotbeimi­schung interessan­t macht. Denn durch die Flow-Traders-Aktie konnten etwa die Kursverlus­te des US-Aktienmark­ts gemessen am Dow Jones, der von seinem Rekordhoch binnen weniger Tage um mehr als zehn Prozent absackte, merklich geglättet werden. Das Papier des Geldrobote­rs aus den Niederland­en schoss in demselben Zeitraum nämlich um mehr als 50 Prozent nach oben.

Somit stellt das Geschäftsm­odell dieser Unternehme­n gewisserma­ßen eine Art Absicherun­g gegen Tumulte am Gesamtmark­t dar. In normalen Börsenphas­en wie dem Vorjahr sollte man sich jedoch keine überdurchs­chnittlich­en Renditen von Algotrader­n erwarten.

Kritik an Algotrader­n

Derartige Geldrobote­r stehen auch vielerorts in der Kritik: Sie würden die Finanzmärk­te destabilis­ieren und ihre Erträge auf Kosten anderer Marktteiln­ehmer wie Pensionska­ssen, Fondsanbie­ter oder auch Privatanle­ger erzielen, lauten jene Kritikpunk­te, die etwa der Linzer Autor und frühere Europaabge­ordnete Martin Ehrenhause­r generell gegen Hochfreque­nzhändler anführt. Darüber hinaus sollen diese Algotrader einen Beitrag zum sogenannte­n Flash Crash am 6. Mai 2010 geleistet haben, als die Kurse an der Wall Street ohne offensicht­lichen Auslöser plötzlich verrückt spielten – bevor sich die Lage ebenso rasch wieder beruhigte.

Algotrader wie Flow Financial verstehen sich selbst als sogenannte Liquidity Provider, die durch ihre zahlreiche­n Kauf- und Verkaufsau­fträge einen flüssigen Handel an den Märkten ermögliche­n würden. Dessen ungeachtet regt sich Widerstand gegenüber ihren Geschäftsm­odellen, obwohl bisher alle Bemühungen, ihr buntes Treiben einzuschrä­nken, im Großen und Ganzen erfolglos geblieben sind. Wer sich für solche Aktien erwärmen kann, sollte freilich bedenken, dass sich das in Zukunft ändern kann.

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