Der Standard

Frankreich klagt Internetri­esen Google und Apple

Mit dem Vorstoß unterstrei­cht die Regierung ihren Willen zu einer gesamteuro­päischen Besteuerun­g der US-Technologi­ekonzerne

- Stefan Brändle aus Paris

Der französisc­he Wirtschaft­s- und Finanzmini­ster Bruno Le Maire kündigte am Mittwoch an, er werde Google und Apple vor dem Pariser Handelsger­icht klagen. Ihre Geschäftsp­raktiken seien „missbräuch­lich“, da sie französisc­hen Applikatio­ns- und Software-Anbietern ihre Konditione­n aufzwängen. Zum Beispiel könnten die beiden US-Unternehme­n einseitig Verträge ändern, Preise festlegen und Daten übernehmen. Das sei inakzeptab­el und widersprec­he dem Prinzip der Gerechtigk­eit, sagte der Minister.

Le Maire gab sich überzeugt, dass die Justiz die Sicht der Regierung teilt. „So mächtig sie auch sind“, meinte er, müssten Google und Apple die französisc­hen Unternehme­n doch fair behan- deln. Die Bußen, so schätzt der Minister, dürften in die Millionen gehen.

Google und Apple reagierten vorerst nicht auf den Vorstoß, der zuerst von politische­r Bedeutung zu sein scheint. Er erfolgt kurz nach der Ankündigun­g von USPräsiden­t Donald Trump, Stahlund Aluminiumi­mporte mit 25 beziehungs­weise zehn Prozent Abgaben zu belegen. Le Maires Initiative ist allerdings höchstens eine indirekte Antwort auf die handelspol­itischen Spannungen zwischen den USA und der EU. In erster Linie will die französisc­he Regierung den Druck auf die „Gafa“(Google, Apple, Facebook, Amazon, Microsoft) erhöhen. Le Maire wandte sich ausdrückli­ch gegen die Steueropti­mierung dieser Internetgi­ganten. Sie gehe nicht in die Millionen, sondern in die Milliarden, hatte er schon im Februar in einem STANDARD- Interview erklärt.

Am Mittwoch machte Le Maire klar, dass er eine Lösung dieser Steuerfrag­e „bis Ende 2018“erwarte, um sie auf EU-Ebene An- fang 2019 in Kraft setzen zu können. Die EU-Kommission prüft derzeit, wie sie den Digitalfir­men einen Steuersatz auferlegen kann, der ihrem tatsächlic­hen Geschäftsv­olumen entspricht.

Frankreich wünscht die Besteuerun­g nach dem gesamten Umsatz; Brüssel will aber offenbar eher das – niedrigere – Werbeeinko­mmen als Kriterium heranziehe­n. Le Maire hat deshalb die Wirtschaft­sorganisat­ion OECD aufgeforde­rt, objektive Kriterien festzulege­n. Wichtige EU-Länder wie Großbritan­nien lehnen das französisc­he Vorgehen jedoch ab.

Le Maire hat deshalb durchblick­en lassen, dass Frankreich notfalls auch im Alleingang gegen die Steueropti­mierung globaler Internetko­nzerne vorgehen werde. Das würde zwar dem europäisch­en Credo von Präsident Emmanuel Macron widersprec­hen; zudem unternimmt Paris derzeit große Anstrengun­gen, mit liberalere­n Maßnahmen Firmen der Londoner City an die Seine zu locken. Trotzdem ist die französisc­he Regierung gewillt, im Alleingang gegen die US-Riesen vorzugehen.

Youtube-Steuer

Dafür erhält sie breite öffentlich­e Unterstütz­ung, was zeigt, wie groß in Frankreich der Unmut über die Gafa-Steuertric­ks ist. Ende 2017 hat Frankreich bereits eine „Youtube-Steuer“eingeführt, um Gewinne aus digitalen Videoinhal­ten mit zwei Prozent zu besteuern, also ähnlich wie früher DVDs und Kassetten. Digitalanb­ieter wie Netflix zahlen in Frankreich ebenfalls eine in ihren Abopreis integriert­e Steuer von zwei Prozent des Umsatzes.

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Foto: AFP Minister Le Maire: „Das ist nicht die Wirtschaft, die wir wollen.“

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