Rückschlag für Trump bei Nachwahlen, Offensive gegen China
Nach Schutzmaßnahmen für den Stahl- und Aluminiumsektor in den USA will Präsident Donald Trump mit Zöllen auf Computerwaren gegen das riesige US-Handelsbilanzdefizit mit China angehen.
Washington – Bei einer Nachwahl für das Repräsentantenhaus im 18. Wahlbezirk von Pennsylvania mussten die US-Republikaner eine herbe Niederlage einstecken. In der als Trump-Hochburg geltenden Region fuhr der demokratische Kandidat einen ganz knappen Überraschungserfolg ein.
Während Trump im Inland schwächelt, zeigt er international Muskeln. Am Mittwoch sorgten Berichte über eine Ausweitung des Handelsstreits mit China für Aufregung. Washington plane, Zölle im Wert von 60 Milliarden Dollar auf Einfuhren aus China zu erheben, hieß es aus Regierungskreisen. Betroffen seien Waren aus dem Technologiesektor, auch geistiges Eigentum werde wohl mit Strafzöllen belegt. Peking erwägt nach eigenen Angaben bereits Gegenmaßnahmen. (red)
Allein am Dienstag waren es drei: Macht alles in allem 47 Abgänge, seitdem Donald Trump am 20. Jänner 2017 ins Weiße Haus gezogen ist. Darunter befinden sich Regierungsmitglieder, hohe Staatsbeamte und -beamtinnen, Berater und Beraterinnen. Der 45. US-Präsident war gerade einmal elf Tage im Amt, als er den ersten Rauswurf beschloss: Sally Yates, damals soeben zur kommissarischen Justizministerin aufgestiegen, wurde geschasst, nachdem sie das Einreiseverbot für Menschen aus sieben muslimischen Ländern kritisiert und ihr Ressort angewiesen hatte, das Dekret juristisch nicht zu verteidigen.
Im September des Vorjahres kam dem Präsidenten erstmals ein Minister abhanden: Tom Price (Gesundheit) geriet unter Druck, da er auf Staatskosten zu hohen Preisen in Privatjets geflogen war. Zudem galt es, den Kopf für das Scheitern der Abschaffung des von Barack Obama eingeführten Gesundheitssystems hinzuhalten.
Eine der brisantesten Entlassungen stellt jene des FBI-Chefs James Comey im Mai 2017 dar. Als Begründung nannte der Präsident die angeblich mangelnde Unterstützung Comeys seitens seiner Behörde.
Seither steht allerdings der Vorwurf im Raum, Trump habe damit die Untersuchungen des FBI zu den russischen Hackerangriffen während des US-Wahlkampfs sowie zu den möglichen illegalen Verbindungen von Trump-Mitarbeitern nach Moskau eindämmen wollen. Für Aufsehen sorgte auch der Rückzug Michael Flynns, zumal der Nationale Sicherheitsberater im Februar 2017 nach gerade einmal dreieinhalbwöchiger Amtszeit wieder gehen musste. Zum Verhängnis waren Flynn dessen RusslandKontakte sowie seine irreführenden Angaben zu Telefonaten mit dem russischen Botschafter geworden. Mit einem neuen Negativrekord wurde Flynn im vergangenen Juli von Anthony Scaramucci abgelöst: Der Kommunikationsdirektor hielt sich zehn Tage im Amt. Zwar erfolgte sein öffentliches Desavouieren des damaligen Stabschefs Reince Priebus durchaus im Sinne des Präsidenten – Priebus warf später auch tatsächlich hin. Allerdings dürfte Scaramucci mit seinem vulgären Tonfall dann doch den Bogen überspannt haben.
Dem ehemaligen Heimatschutzminister John Kelly, der als Stabschef nachfolgte, kam anschließend die Rolle zu, etwas Ruhe und Disziplin ins chaotische Weiße Haus zu bringen. So richtig gelingen wollte ihm das nicht. Ende Februar trat Kommunikationschefin Hope Hicks zurück, eine Woche später Trumps oberster Wirtschaftsberater Gary Cohn, da er die von seinem Chef angekündigten Strafzölle auf Aluminium und Stahl ablehnte. Und am vergangenen Dienstag feuerte erstmals seit 1945 ein US-Präsident seinen Außenminister.
Nicht nur Rex Tillerson, mit dem der Präsident in Sachen Iran, Nordkorea oder Russland über Kreuz lag, stand an dem Tag auf der Abschussliste: Tillersons Vize Steve Goldstein erwischte es ebenso, außerdem Trumps persönlichen Assistenten John McEntee. Die wenigen moderaten, eigenständigen Köpfe verlassen die Regierung.
Sie machen loyalen Hardlinern Platz, die Trump die Gelegenheit bieten, uneingeschränkter als zuvor seine Agenda umzusetzen. Fraglich ist nun, ob der „Selbstmordpakt“, den Tillerson, Verteidigungsminister James Mattis und Finanzminister Steven Mnuchin geschlossen haben sollen, schlagend wird: Demnach gehen alle, wenn einer gehen muss. Es sei denn, Trump kommt ihnen zuvor. Im Visier hat dieser angeblich in erster Linie den Nationalen Sicherheitsberater H. R. McMaster, Justizminister Jeff Sessions und dessen Vize Rod Rosenstein.
Nach einer ersten Welle von Strafzöllen der USA im Stahl- und Aluminiumbereich, die sich vor allem gegen Europa richtete, bereitet US-Präsident Donald Trump offensichtlich ein noch viel größeres Paket von Handelsbeschränkungen vor – gegen China. Eine offizielle Bestätigung aus dem Weißen Haus gab es dazu zunächst nicht. Aber das Außenministerium in Peking kündigte am Mittwoch jedenfalls bereits „energische Gegenmaßnahmen“an, sollte Washington Zölle auf chinesische Waren einheben.
Handelsbeziehungen könnten kein Nullsummenspiel sein, bei dem die Gewinne auf der einen Seite die Verluste auf der anderen Seite seien, sagte ein Sprecher. China werde „seine legitimen Interessen zu verteidigen wissen“.
Er bezog sich dabei auf Insiderinformationen, wonach Trump Importzölle im Telekom- und Technologiesektor auf Waren im Volumen von bis zu 60 Millionen Dollar (48 Milliarden Euro) ins Auge fasst. Er will damit geistiges Eigentum von US-Konzernen verteidigen. Vor zehn Tagen hatte der US-Präsident via Twitter überraschend Schutzzölle von 25 Prozent auf Stahl und zehn Prozent auf Aluminium aus Europa angekündigt. Das Exportvolumen beträgt dabei nur sechs Milliarden Euro.
Computerwaren
Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters, die sich auf mehrere Quellen im Umkreis des US-Präsidenten bezog, will dieser im Zuge seiner „America first“-Kampagne vor allem gegen das riesige Handelsbilanzdefizit seines Landes vorgehen. 2017 war China mit einem Handelsvolumen von 636 Milliarden Dollar der wichtigste Handelspartner. Die USA führten um 375 Milliarden Dollar mehr Waren ein, als sie nach China exportierten. Besonders groß ist die Lücke bei Computerwaren und Zubehör für PCs sowie Geräten für Telekommunikation. Allein dabei übersteigt die negative Handelsbilanz den Wert von 100 Milliarden Dollar.
Wie Insider berichten, könnte das Volumen der US-Zwangsmaßnahmen noch viel größer werden, sollte Trump auch die Bekleidungsindustrie in seine Überlegungen einbeziehen. Kritiker werfen ihm vor, mit seiner protektionistischen Politik nur Schaden auf allen Seiten zu verursachen.
In diese Richtung äußerten sich auch die Spitzen der EU-Kommission bei einer Aussprache zum Handelsstreit im Plenum des Europäischen Parlaments in Straßburg. Die zuständige Kommissarin Cecila Malmström berichtete, dass sie in einem Gespräch mit dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer die Bereitschaft der Europäer betont habe, die Auseinandersetzung friedlich zu beenden, die angedrohten Schutzzölle nicht wirksam werden zu lassen. Man könnte „einen Freundeskreis mit Partnern weltweit schmieden“, sollte verhandeln, so Malmström. Viel Zeit bleibt dafür nicht mehr. Die Schutzzölle auf Stahl und Aluminium aus Europa sollen am 22. März wirksam werden. An diesem Tag findet ein EU-Gipfel in Brüssel statt, der ganz im Zeichen dieser Handelskrise stehen dürfte.
Europa will reden
Redner aus allen Fraktionen im EU-Parlament unterstützten die Verhandlungsbereitschaft und appellierten daran, dass man sich als Europa von Trump nicht auseinanderdividieren lassen dürfe. Der grüne Abgeordnete Reinhard Bütikofer sagte, die EU solle sich nicht provozieren lassen, ruhig bleiben: „Es gibt ein chinesisches Sprichwort, das besagt: ‚Du musst das Huhn töten, um den Affen zu erschrecken.‘“Trump ziele in Wahrheit auf China, nicht so sehr auf die europäischen Partner.
Einen Appell an Trump zur Rückkehr zur wirtschaftlichen Vernunft richtete auch der ständige EU-Ratspräsident Donald Tusk. Die USA und die Union sollten die vor einem Jahr ausgesetzten Gespräche über ein transatlantisches Partnerschafts- und Investitionsabkommen (TTIP) wiederaufnehmen. In diesem Rahmen sei am besten über die wechselseitige Abschaffung von Zöllen und Benachteiligungen zu reden, die Trump beklage.
Die EU-Vertreter hoffen darauf, dass der US-Präsident sich am Ende zu Ausnahmeregelungen für die transatlantischen Partner überreden lässt, so wie er auch schon bei Kanada, Australien und Mexiko Ausnahmen gemacht hat. Das könnte bedeuten, dass zehn Prozent Zoll auf US-Autos fallen.