Der Standard

Hamam, Hepatitis, Hass: Sargnagel und Kolleginne­n sind wieder in Marokko

Hamam, Hepatitis & Hassnachri­chten: Ende Februar waren die österreich­ischen Autorinnen wieder in Marokko – und haben ein Reisetageb­uch geschriebe­n.

- Lydia Haider, Maria Hofer, Träne Leider, Marie Muhar, Stefanie Sargnagel

Lydia Haider: Schon der allererste im Flugzeug verfasste Satz wird mir zum Ärgernis – nur beim Gedanken daran, dass diesen meinen höchlichen Schrieb nun wieder eine Horde komplett zugeschiss­ener Forumsleut­e einsehen, die sich ein Urteil anmaßen, weil ihnen halt ob des Schulsyste­ms Lesen beigebrach­t wurde und sie einen halbwegs geraden Satz schreiben können, die ihre madige Sülze mit verbrunzte­n Fingern, ja auf meinen Text ihre Kothaufen hinpatzeln, dass es nur so stinkt vom Bildschirm herunter und einem die Augen rausfaulen vor Afterweish­eit und Hurerei mit dem Denken, wird mir ganz willfahrig und heiß, ja jedem, der solches tut, dem sage ich: Pass nur gut auf, denn schon beim nächsten Satz fährt der Satanas in dich, solche wie du werden dem Antichrist übergeben, dass sie gezüchtigt werden, nicht mehr zu lästern, dass sie das Maul endlich halten, weil der Teufel es ihnen zunäht, so wie es gehört mit solchen Mäulern, mit festen Stichen hinein und einem guten Faden, der auch hält, kleinmasch­igst genäht und zugezogen mit einem Ruck.

Stefanie Sargnagel: Ich komme drei Tage vor den anderen in der windigen Künstlerst­adt an, um ein bisschen alleine zu sein. Unsicher taste ich mich durch die Fremde. Zieht oder drückt man hier die Tür am Busbahnhof? Wie bezahlt man Cola? Gibt es WLAN im Bus? Wie ein tollpatsch­iges Kind muss ich hier alle kulturelle­n Gepflogenh­eiten neu erlernen. Seit einem Jahr habe ich den Wind Essaouiras im Ohr. Laut rauscht es jeden Tag. Ein enervieren­der Tinnitus, der mir durch einen Hörsturz nach dem letzten Marokkoauf­enthalt geblieben ist. Die Kro

ne und die FPÖ haben mich gemeinsam als Tierquäler­in verhetzt. Nach wochenlang­en Hassnachri­chten, Anrufen und Medienanst­urm zwischen Buchdeadli­ne und Theaterpre­miere habe ich 40 % meines Hörvermöge­ns verloren. Alles ist jetzt leiser. Es ist meine zweite Narbe mit Marokkobez­ug. Die erste ist von einem Überfall 2010. Ein psychotisc­her Vietnamese aus Casablanca durchtrenn­te mir im Wahn die Strecksehn­e auf der rechten Hand mit einem Küchenmess­er. Das war in Midelt, auf dem Weg in die Sahara. Nur knapp habe ich es überlebt. Abends höre ich einer verlausten Hippiefrau beim Gitarrespi­elen am Place Moulay Hasan zu. Ihre blonden Kinder sitzen barfuß am Boden und spielen dazu Trommeln. Im Marokkotra­um hängengebl­iebene Europäer sind meine Idole. Ein altes Männlein in Djellaba bettelt mich mit einem zahnlosen Lächeln an. Er wird mein Lieblingsb­ettler für diesen Aufenthalt. Er ist so lieb. Er bekommt immer 5 Dirham, wenn ich ihn sehe, weil er so lieb lacht. Gewohnheit­en erwecken ein Heimatgefü­hl im Urlaub. Das Meer macht mich ruhig wie die See.

Marie Muhar: Am Flughafen treffe ich unter massivem Medikament­eneinfluss auf Julia und Maria. Wir kennen uns nicht, gehören aber derselben Reisegrupp­e an – einige von uns sind bereits in Marokko. Aus Panik, wegen meiner Mittelohre­ntzündung nicht mitfliegen zu können, habe ich einen von Lydia empfohlene­n Drogencock­tail geschluckt, dessen Kompositio­n einen Zustand zwischen Bewusstlos­igkeit und Herzstills­tand erahnen lässt. Im Flugzeug kippe ich unmittelba­r nach dem Anschnalle­n weg und schrecke nur kurz auf, als sich blutiger Eiter durch mein geplatztes Trommelfel­l auf Marias Schulter ergießt. Beim Zwischenst­opp in Genf muss ich beidseitig gestützt werden, um den Anschlussf­lug nicht zu verpassen. Wenige Meter vorm Gate sinke ich zuckend zu Boden und scheiße mich, von mir selbst unbemerkt, an. Das seit Tagen eingenomme­ne Breitbanda­ntibiotiku­m entfacht einen maßlosen Durchfall, an dessen Ufern erbrechend­es Bodenperso­nal und weinende Kinder stehen. Ich spüre nichts mehr. Julia und Maria reckt es durchgehen­d, sie rollen mich mit Fußtritten hinter einen Getränkeau­tomaten und fliegen weiter nach Marokko.

Maria Hofer: Wir fliegen über Genf. Es schneit draußen stark, und die Wartehalle schaut aus wie eine Schirmbar. Hier startet meine kontinuier­liche Winterspor­ttourismus-Assoziatio­nskette.

Stefanie Sargnagel: Die anderen sind angekommen, über zehn Leute, und seitdem regnet es

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