Wirtschaftsforscher gegen Einsparungen bei Flüchtlingen
Stärkstes Wachstum seit zehn Jahren Arbeitslosenrate geht weiter zurück
Wien – Die beiden Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo und IHS haben am Freitag gewarnt, dass geplante Kürzungen bei Flüchtlingen die Integration erschweren werden. Bisher ist durchgesickert, dass das Arbeitsmarktservice die Ausgaben für Integration auf 50 Millionen Euro halbieren und dass der für Deutsch-Förderlehrer gebildete Integrationstopf aufgelöst werden soll. Damit sollen 40 Millionen Euro gespart werden, es würden aber dadurch auch weniger Deutsch-Förderlehrer zur Verfügung stehen.
Wifo-Chef Christoph Badelt warnte, dass durch eine schlechtere Integration weniger Flücht- linge einen Arbeitsplatz finden und somit tendenziell eher in der Mindestsicherung landen werden. Auch das Institut für Höhere Studien (IHS) hält Investitionen in die Integration für sinnvoll.
Unterstützung erhält die Regierung bei ihrem Budgetkurs von der Konjunktur. Das Wachstum soll heuer in der Gegend von drei Prozent liegen – das stärkste Plus seit zehn Jahren. Die Arbeitslosigkeit geht weiter zurück, allerdings bleibt sie höher als noch vor der Finanzkrise. Der Rückgang sei schwächer als bei vergleichbaren Aufschwüngen in der Vergangenheit, erklärte IHS-Chef Martin Kocher (red)
Wien – Die Regierung erhält noch stärkeren Rückenwind für ihre Budgetpläne als bisher. Die österreichischen Wirtschaftsforscher haben am Freitag ihre Erwartungen für die weitere Konjunkturentwicklung nach oben geschraubt. Statt eines ohnehin schon kräftigen Wachstums zwischen 2,7 Prozent (Institut für Höhere Studie) und drei Prozent (Wifo) wird nun mit einem Plus von 2,8 Prozent bis 3,2 Prozent für heuer gerechnet. 2019 schwächt sich die Steigerung der Wirtschaftsleistung dann auf 1,9 bis 2,2 Prozent ab.
Die Arbeitslosigkeit wird laut Wifo von 8,5 Prozent im Vorjahr auf 7,3 Prozent 2019 zurückgehen, laut IHS etwas schwächer. „Die hohe Beschäftigungsdynamik des Vorjahres verstärkte sich zu Jahresbeginn nochmals“, heißt es vom Wirtschaftsforschungsinstitut. Für die Regierung sind die neuen Daten höchst erfreulich, steigern doch mehr Jobs und Konsum die Steuereinnahmen. Das gesamtstaatliche Defizit soll daher heuer schon mit 0,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts fast beseitigt werden, 2019 rechnet das Wifo dann mit einem kleinen Plus von 0,1 Prozent. Allerdings sind in der Berechnung die erst kürzlich beschlossenen Entlastungen wie Familienbonus und Reduktion der Mehrwertsteuer auf Nächtigungen noch nicht enthalten. Unter Einrechnung der Entlastung kommt das IHS auf einen Budgetabgang von 0,4 Prozent des BIP im Jahr 2019. Wifo-Chef Christoph Badelt und IHS-Leiter Martin Kocher betonten aber, dass die Verbesserung großteils der Konjunktur geschuldet sei und das um das Wachstum bereinigte Defizit nach wie vor zu hoch sei. Jetzt gelte es, den für Entlastungen notwendigen Spielraum zu schaffen.
Während die Wirtschaftsforscher Strukturreformen einmahnten, warnten sie vor den angekündigten Einsparungen bei der Integration von Flüchtlingen. Im Budget des Arbeitsmarktservice ist hier eine Halbierung auf 50 Millionen Euro vorgesehen, die von der Regierung mit der niedrigeren Zahl an Asylwerbern begründet wird. Auch die Mittel für schulische Integration werden halbiert (von 80 auf 40 Mio. Euro), womit weniger Deutschförderlehrer zur Verfügung stehen.
Wifo-Chef Badelt: „Wenn die Integrationsmaßnahmen reduziert werden, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie (die Flüchtlinge, Anm.) in der Mindestsicherung landen werden.“Auch sein Kollege Helmut Hofer vom IHS erklärte, es sei sinnvoll, Asylberechtigte bestmöglich zum Arbeitsmarkt hinzuführen. Das sei eine Investition, die nicht nur ökonomisch, sondern auch sozial vorteilhaft sei. Verwiesen wurde darauf, dass Kürzungen bei der Integration die Kriminalität erhöhen könnten.
Einig sind sich die Experten, dass sich die Konjunktur auf dem Höhepunkt befindet und die Wachstumsraten zurückgehen werden. Weniger eindeutig ist hingegen, wie stark die Verbesserungen am Arbeitsmarkt und die steigenden Löhne den Konsum erhöhen werden. Mit einem Plus von 1,8 Prozent (Wifo) und 1,4 Prozent (IHS) liegen die Institute auffällig weit auseinander. Kocher begründete die Differenz in erster Linie damit, dass sein Team mit einem stärkeren Anstieg der Sparquote rechne.
Kaum Veränderungen erwarten die Forscher bei der Inflation. Sie ist im Februar auf 1,8 Prozent gefallen. Überraschend stark – auf 1,1 Prozent – ging sie im Euroraum zurück. (as)