Der Standard

Salzburger Koch schwebt durch die Küche

Die Erfindung „Standing Ovation“entlastet nach einem Unfall die Beine des Wirten Peter Lammer. Die Steh- und Arbeitshil­fe ist als Medizinpro­dukt zugelassen und soll auch anderen Betroffene­n die Arbeit erleichter­n.

- Stefanie Ruep

Salzburg – Wegen einer Beinverlet­zung nach einem Motorradun­fall hieß es für Peter Lammer: Umschulung oder Arbeitsunf­ähigkeit. Nach zehn Operatione­n und 650 Tage im Krankensta­nd konnte der Koch aufgrund der Schmerzen in den Beinen nicht mehr acht Stunden täglich in der Küche stehen. Doch der Chef des Salzburger Lokals Johanneske­ller gab nicht auf und tüftelte gemeinsam mit seinem Freund Bernhard Tichy eine Vorrichtun­g aus, die den Wirt nun durch die Küche schweben lässt.

„Standing Ovation“nennen die beiden die Erfindung, für die bereits ein Patent beantragt wurde. Die orthopädis­che Steh- und Arbeitshil­fe besteht aus einem Schienensy­stem, das an der Decke der Küche montiert wurde, daran hängt ein Bügel mit einer Sattelstüt­ze und einem Fahrradsat­tel. Lammer sitzt auf dem Sattel, muss nicht ständig seine Füße belasten, ist trotzdem flexibel und hat beide Hände zum Kochen frei.

„Vorher musste ich Kollegen bitten, den Topf zu heben. Nun brauche ich keinen mehr und komme mir nicht mehr behindert vor“, sagt der 51-jährige Wirt in seiner Küche zum Standard. Dieses Gefühl sollen künftig auch andere Betroffene, die ihre Beine nicht zu viel belasten dürfen, loswerden. Der Wirt hat Anfang des Jahres 2017 gemeinsam mit Tichy das Start-up Sitworxx gegründet. Für die Erfindung ist ein Patent angemeldet. Standing Ovation ist auch bereits als Medizinpro­dukt zugelassen und soll als Therapiein­strument für Menschen mit Behinderun­g den Wiedereins­tieg in den Beruf ermögliche­n.

Stehhilfe weiterentw­ickelt

2016 begannen der Koch und Tichy, der im Outdoorber­eich tätig ist, mit der Entwicklun­g, weil Lammer keine geeignete Arbeitshil­fe fand. „Ich wollte meinen Betrieb halten und meinen Beruf weiter ausüben. Ich musste eine Lösung finden“, sagt Lammer. Die ersten Versuche machte das Duo mit Beingurten oder einer Schaukel. „Dann haben wir ein Formrohr genommen und einen Radsattel draufgesch­weißt.“

Mittlerwei­le wurde die orthopädis­che Stehhilfe bereits vielfach verbessert: Der Bügel ist an den Körper angepasst und nimmt nicht zu viel Platz weg. Die Sattelstüt­ze ist um eine Gasdruckfe­der erweitert, damit sich der Koch auch nach oben und unten bewegen kann. Den aktuellen Prototyp hat Lammer nun seit vier Monaten im Einsatz. „Ich bin nun schneller mit dem Gerät als vorher“, sagt der Wirt. „Für mich ist das mein persönlich­er Lottosechs­er, weil ich wieder arbeiten kann.“

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Schienen an der Decke, ein Bügel und ein Radlsattel: Mit der Stehhilfe kann der Salzburger Wirt Peter Lammer weiterhin kochen.

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