Der Standard

Was nicht im Budget steht

- Andreas Schnauder

Die Konjunktur boomt, der Arbeitsmar­kt erholt sich, und die Budgetlück­e schrumpft. Der Regierung Kurz fallen die positiven ökonomisch­en Daten in den Schoß. Jetzt stellt sich die Frage, was sie daraus macht. Mit der ersten Budgetrede von Finanzmini­ster Hartwig Löger wird man zumindest in Ansätzen erkennen, wohin die Reise geht. Denn bei – national und europäisch festgelegt­en – Defizit-Obergrenze­n kann Politik Wahlverspr­echen nicht mehr auf Pump finanziere­n.

Seit dem Wahlkampf wird der Entlastung und Leistungsg­erechtigke­it das Wort geredet. Um diese Ziele erfüllen zu können ohne den Sozialstaa­t zusammenzu­hacken, müssen Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache in die Strukturen gehen. Ohne Löger vorgreifen zu wollen: Weder Wahlprogra­mm noch bisherige Budgetankü­ndigungen lassen diesbezügl­ich Pläne erkennen. Eher hat es den Anschein, dass mit dem recht hoch eingestell­ten Rasenmäher ein wenig gekürzt wird und das Sparvolume­n mit ein paar Budgettric­ks aufgebläht wird. Dass dann endlich jene Mehrfachfö­rderungen ausgesiebt werden, die in Ermangelun­g einer funktionie­renden Transparen­zdatenbank (Ankündigun­g: Josef Pröll; 2009) aus diversen Töpfen fließen, darf bezweifelt werden. Stattdesse­n wird man mit Staunen vernehmen, wie sich eine Milliarde Euro in Luft auflöst, indem bisher zu hoch dotierte Posten niedriger budgetiert werden. Der Haken: Wenn das Geld nicht benützt wurde, hat es auch die Staatskass­e nicht belastet. iel klüger wäre es, erst einmal die Aufgaben des Staates und deren Aufteilung innerhalb der Gebietskör­perschafte­n festzulege­n. Dann sollte klargestel­lt werden, wie die Regierung auf steigende Lebenserwa­rtung und somit langfristi­g höhere Kosten für Pensionen und Gesundheit reagiert. Und dann wäre da noch das Thema Bildung, bei dem der Reformzug eher in die Vergangenh­eit zu rollen scheint denn in die Zukunft. Zu den anderen heiklen Bereichen hört man wenig (Sozialvers­icherungen zusammenle­gen) bis nichts. Weshalb eben überall ein bisschen was gekürzt werden muss.

Der große Nachteil des Rasenmäher­s ist, dass er auch Halme schneidet, die noch wachsen sollten. Nach derzeitige­m Stand wird beispielsw­eise bei der Integratio­n von Flüchtling­en gespart, die dann mit höherer Wahrschein­lichkeit in der Mindestsic­herung landen. Dass der Bund jetzt ausgerechn­et bei diesem Posten, der noch dazu zu den Aufgaben der Länder zählt, Einsparung­en erzielen will, entbehrt nicht eines gewissen Zynismus. Ein weiteres Beispiel falscher Kürzungen: Bei Steuerprüf­ern zu sparen kostet letztlich ein Vielfaches der Ausgabenre­duktion. Richtig ist es hingegen, in Zeiten der Hochkonjun­ktur prozyklisc­he Posten wie den Jobbonus zu streichen.

Doch auch das ist noch keine Strukturre­form. Bisher haben Kurz und Strache keinen Plan präsentier­t, wie sie Österreich abseits der Ausländerf­rage verändern wollen. Ein Budget kann kein Ersatz für eine lückenhaft­e Politik sein.

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