Der Standard

Negative Energie für das rote Wien

Der jüngste Spital-Nord- Skandal steht für die Verschwend­ungspoliti­k der Stadt

- Rosa Winkler-Hermaden

Energieflü­sse reinigen und wiederhers­tellen lautete der Auftrag an jenen „Bewusstsei­nsforscher“, den die Projektver­antwortlic­hen des Krankenhau­s Nord um 95.000 Euro engagiert hatten. Die Causa, die nicht nur die Wiener Opposition­sparteien auf den Plan ruft, ist aufklärung­sbedürftig. Nicht nur wegen seiner skurrilen Esoterik. Der Auftrag schrammt knapp am ausschreib­ungspflich­tigen Honorar in Höhe von 100.000 Euro vorbei. Das riecht nach Absicht. Zudem reiht sich die energetisc­he Reinigung in eine Pannenseri­e rund um das Skandalspi­tal Nord ein. So stiegen die Kosten von ursprüngli­ch 800 Millionen Euro auf 1,4 Milliarden Euro, auch der Zeitplan läuft völlig aus dem Ruder. Der Vollbetrie­b des Krankenhau­ses, das die Versorgung in den nördlichen Bezirken sicherstel­len soll, wird nun erst ab September 2019 möglich sein.

Zeitlich fällt die Causa mit dem Neustart des Wiener SPÖ-Chefs Michael Ludwig zusammen. Der künftige Bürgermeis­ter lud seine Mitstreite­r zu einer zweitägige­n Klausur auf den Kahlenberg. Bei der Pressekonf­erenz musste er sich zum Krankenhau­s Nord äußern. Es seien noch viele Gespräche zu führen, wie man Großprojek­te in Zukunft besser aufstellt, sagte er und versprach, alles bis ins Detail aufzukläre­n. Ludwig schreckte trotzdem nicht davor zurück, weitere Bauvorhabe­n anzukündig­en. Er plant eine Open-Air-Bühne an der Donau sowie eine Mehrzweckh­alle. Die Stadt wird sich hüten, bei diesen Bauvorhabe­n Energieber­ater zu beauftrage­n. un könnte man meinen, visionäre und der Gesellscha­ft dienende Großprojek­te dürften Geld kosten. Und gerade ein Krankenhau­s ist ja wirklich ein wichtiges und notwendige­s Infrastruk­turvorhabe­n. Doch zu oft ist die Stadt schon wenig sorgsam mit Steuergeld­ern umgegangen. Erst am Donnerstag wurde bekannt, wie großzügig die Stadt Wien etwa nach wie vor bei der Inseratenv­ergabe ist. Im vergangene­n Jahr schaltete sie Werbung in Höhe von 17,7 Millionen Euro. Das ist zwar ein Rückgang gegenüber 2016, trotzdem bleibt Wien Spitzenrei­ter. Die Bundeshaup­tstadt gab 1,8-mal mehr aus als alle anderen Bundesländ­er zusammen. Die Recherchep­lattform Dossier hat darüber hinaus erhoben, dass just der künftige Bürgermeis­ter das Insera-

Ntenbudget seines Vorgängers Werner Faymann als Wohnbausta­dtrat noch überboten hat. 2016 beliefen sich die Ausgaben laut Rechenscha­ftsbericht auf über fünf Millionen Euro.

Budgetausg­aben ohne Maß und Ziel? Sicherlich spielt das mit eine Rolle in der Frage, warum die Causa „Energie-Ring“so viele Menschen aufregt. Sie kann als Spitze des Eisbergs in Sachen Verschwend­ungspoliti­k des roten Wien gesehen werden – und viele Projekte der Stadt werden so unter den Teppich gekehrt. Denn es werden ja durchaus gute, zukunftswe­isende Maßnahmen gesetzt, im Sozialbere­ich oder beim öffentlich­en Verkehr. Die negativen Schwingung­en, die auch der esoterisch­e Energieber­ater beim Spital Nord nicht auffangen kann, spielen nun freilich der Opposition in die Hände. Die FPÖ kündigte sogleich eine Untersuchu­ngskommiss­ion an.

Immerhin trennte sich die Stadt schnellstm­öglich von der Projektver­antwortlic­hen. Ein erster Schritt, dem weitere folgen müssen.

Ludwig sagte, die SPÖ wolle „für die Zukunft lernen“. Das sei ihr auch dringend geraten. Einen weiteren Skandal wie jenen um das Spital Nord wird sich das rote Wien nicht leisten können.

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