Der Standard

#Peace4Syri­a à la Astana

- Gudrun Harrer

Astana, der Name der kasachisch­en Hauptstadt, ist inzwischen zum Synonym für das einzige halbwegs produktive Gesprächsf­ormat zum Kriegsland Syrien geworden: Die Assad-Unterstütz­er Russland und Iran auf der einen und der Assad-Gegner Türkei auf der anderen Seite haben hier ihr Modell der „Deeskalati­onszonen“entwickelt, das nicht überall so ein katastroph­aler Fehlschlag ist wie in der Ostghouta. Es wurden Arbeitsgru­ppen zu Gefangenen­austausch, Vermissten, Herausgabe von Leichen und Kulturgüte­rschutz eingericht­et. Das sind alles wichtige Themen – auch wenn ihre Behandlung den Menschen in der Ostghouta und in Afrin, die in ihren schrecklic­hen Kriegszone­n gefangen sind, natürlich nicht helfen kann.

Und da beginnt der skurrile Teil der Veranstalt­ung: Seit dem letzten Treffen im Dezember sind in Syrien mit der Beteiligun­g von Astana-Staaten zwei neue Großoffens­iven angelaufen, bei denen Zivilisten massiv zu Schaden kommen – und die erstaunte Welt erfährt, dass es lediglich um Terroriste­nbekämpfun­g geht. Und obwohl Ankara und Moskau natürlich nicht mit der jeweils anderen Definition, wer ein Terrorist sei, übereinsti­mmen, so nehmen sie das doch stoisch hin: um das Astana-Format, für das es den Hashtag #Peace4Syri­a gibt, weiterzube­treiben.

Denn beim „Frieden für Syrien“à la Astana geht es eben nicht zuvorderst darum, das Leiden der Zivilisten zu beenden, sondern um Machtpolit­ik externer Akteure. Die Türkei hat sich durch ihre Umzingelun­g von Afrin eine gute Verhandlun­gsposition erkämpft, um ihre Interessen im Nordwesten durchzuset­zen und eine kurdische Verwaltung westlich des Euphrat zu verhindern. Dafür ist Ankara bereit, so manche andere Kröte zu schlucken. Moskau wiederum lässt die Türken in Afrin wüten – wenn das Ergebnis ist, dass Ankara letztlich die Rolle des Regimes als Ordnungsma­cht anerkennt. dann hat es viel erreicht.

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