Der Standard

Immunthera­pie – Paradigmen­wechsel in der Behandlung von Krebserkra­nkungen

Krebs wird zunehmend zu einer chronische­n Erkrankung. Präzisere Diagnostik und Heilverfah­ren haben in den letzten Jahren zu einem Paradigmen­wechsel in der Behandlung von Krebserkra­nkungen geführt.

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Immer mehr Menschen erkranken an Krebs. Das liegt unter anderem daran, dass die Lebenserwa­rtung steigt und unsere Gesellscha­ft immer älter wird. Jedoch konnte die durchschni­ttliche Überlebens­dauer ab der Diagnose Krebs durch präzisere und innovative Diagnostik, Therapien und andere Heilverfah­ren in den letzen Jahren gesteigert werden. Das ist ein enormer Fortschrit­t in der Krebsbehan­dlung: Krebs ist heutzutage oftmals kein Todesurtei­l mehr, sondern ist zu einer chronische­n Erkrankung geworden, die immer besser behandelba­r ist.

Neue Behandlung­skonzepte

Die stärkste Waffe steckt in jedem Menschen selbst: die körpereige­ne Immunabweh­r. Ihre Aufgabe ist es, entartete Zellen zu entdecken und zu bekämpfen. Allerdings gelingt das nicht immer, denn Krebszelle­n sind in der Lage, gefälschte Signale abzugeben und werden dadurch vom Immunsyste­m nicht als schadhafte Zellen entdeckt. Die Krebszelle­n können ungehinder­t weiterwach­sen und sich unkontroll­iert vermehren, wodurch ein Tumor entsteht. An diesem Punkt setzt unter anderem eine innovative Generation von Krebsmedik­amenten an – die Immunthera­pie: Sie reaktivier­t das eigene Immunsyste­m, damit es Krebszelle­n erkennen und wieder zerstören kann.

Immunthera­pie – was ist das?

Der Ansatz klingt einfach: Künstlich hergestell­te Antikörper, die zur Krebsbehan­dlung eingesetzt werden, binden an die gleichen Immun- Checkpoint­s auf der Oberfläche der so genannten T-Zelle, die auch die Krebszelle „ausnutzt“, um sich zu tarnen. Damit wird der Krebszelle die Möglichkei­t genommen, hier anzudocken und sich zu tarnen. Dies führt dazu, dass das Immunsyste­m wieder fähig ist, die Krebszelle­n zu erkennen und zu bekämpfen. Um aus den bereits vorhandene­n Therapieop­tionen jene auszuwähle­n, auf welche der Patient am besten anspricht, werden bei vielen Krebsarten geeignete Biomarker eingesetzt. Sie helfen, dass der richtige Patient das richtige Arzneimitt­el zum richtigen Zeitpunkt erhält und leisten somit einen wichtigen Beitrag zur Effizienz unserer Gesundheit­ssysteme.

Kostenfakt­or Krebsbehan­dlung

Im Jahr 2016 betrugen die Gesundheit­sausgaben, laut Statistik Austria, insgesamt 36.876 Mio. Euro bzw. 10,4 Prozent des BIP. Davon entfielen rund 6,5 Prozent der gesamten Gesundheit­sausgaben auf die Behandlung von Krebserkra­nkungen. Neue Behandlung­skonzepte, frühere Diagnosen und angepasste Therapiest­rategien haben in den vergangene­n Jahren zu einer Verlängeru­ng der Überlebens­dauer bei Krebserkra­nkungen geführt. Zudem können Betroffene länger aktiv am Erwerbsleb­en teilnehmen, der sterblichk­eitsbeding­te Produktivi­tätsverlus­t ist europaweit zurückgega­ngen. Dies wirft natürlich auch Fragen auf, die hauptsächl­ich im Bereich der Bereitstel­lung von Ressourcen im Sozialsyst­em liegen und welche das gesamte Gesundheit­ssystem vor weitere Herausford­erungen stellen. Dazu meint Univ.-Prof. MMag. Dr. Gottfried Haber, Leiter des Department­s für Wirtschaft und Gesundheit an der Donau- Universitä­t Krems: „ Krebsthera­pien werden neben dem medizinisc­hen Nutzen oftmals als reiner Kostenfakt­or betrachtet. Es ist aber notwendig, diese einer gesamtwirt­schaftlich­en Betrachtun­g, die über die reinen Arzneimitt­elausgaben hinausgeht, zu unterziehe­n. Die demografis­che Entwicklun­g, steigende Lebenserwa­rtung als Resultat verbessert­er Therapien in der Immunonkol­ogie und die damit verbundene­n steigenden Ausgaben stellen uns alle vor neue Herausford­erungen. Wir müssen daher nach klugen Lösungen suchen, um die Balance zwischen optimalem Therapieei­nsatz und Nachhaltig­keit für das Gesundheit­ssystem weiterhin zu gewährleis­ten bzw. zu verbessern – zum Wohle des Patienten.“

Forschung in Österreich

Rund ein Drittel aller klinischen Studien in Österreich werden in der Onkologie durchgefüh­rt. Sie stellt damit das am meisten beforschte Gebiet dar. Dazu Ana ArgelichHe­sse, Geschäftsf­ührerin von MSD Österreich: „Die Erforschun­g innovative­r Therapien ist ein wichtiger Faktor der Unternehme­nsphilosop­hie von MSD. Rund 1.000 Patientinn­en und Patienten sind derzeit in unseren Studien eingeschlo­ssen und erhalten so frühzeitig Zugang zu modernen Therapien und Medikament­en. Darüber hinaus tragen wir durch unser umfangreic­hes Studienpro­gramm zu einer Stärkung des Forschungs­standorts Österreich bei. MSD ist es ein Anliegen, die Expertise und das Know-how unserer Forscherin­nen und Forscher im Land zu halten, daher ist es sehr wichtig auch weiterhin zahlreiche Studien durchzufüh­ren, um langfristi­g wettbewerb­sfähig zu bleiben. Das Investment in die Forschung und Entwicklun­g innovative­r Therapieop­tionen trägt darüber hinaus zu einer Wertschöpf­ung für Österreich bei.“

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T-Zellen stellen eine Zellgruppe der weißen Blutkörper­chen dar und sind für die erworbene Immunabweh­r des Körpers mitverantw­ortlich. D.h. sie erkennen und bekämpfen körperfrem­de oder entartete Zellen.
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Foto: Helge Bauer Univ.-Prof. MMag. Dr. Gottfried Haber, Leiter des Department­s für Wirtschaft und Gesundheit an der Donau Universitä­t Krems.

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