Kein Präsident für alle
Umfrage: Van der Bellen polarisiert weiter
Linz – Bundespräsident Alexander Van der Bellen polarisiert weiterhin stärker als seine Amtsvorgänger Heinz Fischer und Thomas Klestil. Beide hatten gut ein Jahr nach ihrem ersten Amtsantritt mehr als 60 Prozent der Wahlberechtigten mehr oder weniger gut gefallen – Van der Bellen gefällt aber nur 30 Prozent „gut“und 13 Prozent „sehr gut“. Auf die Frage, ob Van der Bellen „ein Bundespräsident für alle Österreicherinnen und Österreicher“sein könne, stimmen 30 Prozent voll und 27 Prozent teilweise zu.
Auffallend an dieser Market-Umfrage für den Standard: 59 Prozent der erklärten FPÖ-Wähler stimmen der Aussage, Van der Bellen sei Bundespräsident für alle, gar nicht zu. FPÖ-Wähler honorieren also kaum, dass Van der Bellen die FPÖ-Regierungsbeteiligung ermöglicht hat.
Linz – 14 Monate war der Bundespräsident im Amt – und zwei Dritteln der Bevölkerung gefiel er inzwischen sehr gut oder gut. Das war der Befund des Linzer MarketInstituts in einer Umfrage für den Standard. Man schrieb das Jahr 1993, und der Bundespräsident hieß Thomas Klestil.
25 Jahre später heißt der Bundespräsident Alexander Van der Bellen, auch er ist gerade 14 Monate im Amt – aber die Daten, die das Market-Institut zum Vergleich erhoben hat, sehen deutlich bescheidener aus: Nur 13 Prozent gefällt der amtierende Bundespräsident „ausgezeichnet“, 30 Prozent gefällt Van der Bellen noch „gut“.
Dagegen sagen 13 Prozent, ihnen gefalle der Bundespräsident weniger gut, und 18 Prozent sagen sogar, er gefalle ihnen gar nicht gut. Auf die mittlere Beurteilung „gefällt einigermaßen“verlegen sich 22 Prozent, vier Prozent enthalten sich der Bewertung. Ähnlich schlechte Werte hatte Thomas Klestil allerdings am Ende seiner Amtszeit im Herbst 2003.
David Pfarrhofer, Institutschef bei Market: „Bundespräsident Van der Bellen polarisiert nach wie vor. Nur 52 Prozent – also etwa so viele, wie ihn im Dezember 2016 gewählt haben – sehen ihn als eine moralische Autorität.“
22 Prozent stimmen der Aussage zu Van der Bellens moralischer Autorität – die jeder Bundespräsident für sich beansprucht – vollständig zu.
Aber die Zustimmung ist in verschiedenen Bevölkerungsgruppen sehr unterschiedlich ausgeprägt: 35 Prozent der höher Gebildeten akzeptieren die moralische Autorität des Bundespräsidenten, ähnlich hoch ist sie unter SPÖWählern und noch höher bei den (statistisch kaum ins Gewicht fallenden) Wählern von Grünen und Liste Pilz. Dagegen sagen 48 Prozent der Wähler der Freiheitlichen, dass sie dem amtierenden Bundespräsidenten gar keine moralische Autorität zubilligen.
Ähnlich verteilen sich jene 13 Prozent, denen Van der Bellen ausgezeichnet gefällt, auf verschiedene Bevölkerungsgruppen: Auch hier sind es SPÖ-Wähler, die besonderen Gefallen am Amtsinhaber zeigen. Die erklärten FPÖAnhänger legen sich zu 44 Prozent auf die Bewertung „gar nicht gut“fest – während nicht einmal ein Prozent der Freiheitlichen die Bestnote geben mag.
Wahlforscher Pfarrhofer: „Die FPÖ-Wähler honorieren überraschenderweise kaum, dass Van der Bellen die Regierungsbeteiligung ihrer Partei ermöglicht hat.“Im Gegenteil: Es sind die Freiheitlichen, die sich in hohem Maß von Van der Bellen enttäuscht sehen und ihm Wählerverrat vorwerfen – obwohl man annehmen kann, dass sie ihn nicht gewählt haben.