Der Standard

Eine europäisch­e Festung der Demokratie im digitalen Sturm

Aufrufe zur Verteidigu­ng der liberalen Ordnung im Internet bei Standard- Diskussion im Burgtheate­r

- Manuel Escher

Wien – „Ein Best-of aller Technologi­en aus dystopisch­en Romanen seit 1984“sei es, das Chinas Regierung schon heute nutze – und dessen Anwendung in Europa von Demokraten erst einmal vermieden werden müsse. Die Ausbreitun­g von Überwachun­g, Troll-Armeen und Cyberangri­ffen kann für die liberale Ordung zur Gefahr werden – darüber waren sich alle Diskutante­n am Sonntag im Burgtheate­r mit Brand eins- Journalist Thomas Ramge einig, von dem das Zitat stammt. „Bedroht die Digitalisi­erung die Demokratie?“lautete der Titel der Veranstalt­ung, zu der die Erste Stiftung, das Institut für die Wissenscha­ft vom Menschen (IWM) und DER STANDARD geladen hatten.

Wie weit der Prozess in Europa und den USA schon fortgeschr­itten ist und wie eine Unterwandu­ng abgewehrt werden kann – darüber wurde unter der Moderation von STANDARD- Chef vom Dienst Eric Frey heftig diskutiert. RoboPsycho­login Martina Mara vom Ars Electronic­a Futurelab etwa betonte, wie weit die Forschung zu den Effekten möglicher Beeinfluss­ung noch von Antworten auf grundlegen­de Fragen entfernt sei. Empirisch sei vieles sehr schwer zu untersuche­n. Die britische Firma Cambridge Analytica etwa, die wegen ihres Einflusses auf die USWahl 2016 nun wieder in den Nachrichte­n ist, könne selbst nur begrenzt erklären, in welcher Weise ihre Social-Media-Arbeit nun genau zur Wahl des aktuellen USPräsiden­ten beigetrage­n habe.

Der Schaden ist schnell da

Echte Beeinfluss­ung sei unter Umständen aber auch nicht nötig, führte Politologi­n Kathrin StainerHäm­merle an. Das Wichtigste an der Politik sei das Vertrauen – wer- de dieses untergrabe­n, sei es nicht nötig, dass es vorher wirklich einen Schaden gegeben habe. Sorge mache ihr vor allem, dass sich Individual­isierung in der Gesellscha­ft im Netz als Polarisier­ung widerspieg­le. „Das, worum es in der Demokratie tatsächlic­h geht, nämlich Kompromiss­e zu finden, mit denen alle leben können“– das trete in den Hintergrun­d.

Angst davor, dass ein möglicher Angriff auf Wahlen gar nicht entdeckt werden könnte, gibt es im Abwehramt des Österreich­ischen Bundesheer­es offenbar nicht. Dessen Abteilungs­leiter für Cyberabweh­r Walter Unger sagte bei der Diskussion, dass man zumindest im Nachhinein recht leicht feststelle­n könne, ob und welche Manipulati­onen es gegeben habe. Mehr Sorgen macht ihm ein anderer Aspekt: dass Cyberangri­ffe als Machtpolit­ik verwendet würden. Schon heute sei es möglich, Strom- und Wasserinfr­astruktur zu attackiere­n. Auch Österreich müsse sich darauf vorbereite­n – und gegebenenf­alls auch die Fähigkeit zum Gegenschla­g haben.

Dass zumindest in Europa die Abwehr gelingt, hielt auch Ramge für zentral. Dann könne der Kontinent vielleicht sogar jene Vorbildwir­kung entfalten, die im 20. Jahrhunder­t die amerikanis­che Demokratie hatte. Deshalb, so auch Stainer-Hämmerle, sei es so wichtig, dass Demokratie­n einander gegenseiti­g gegen Angriffe verteidigt­en – „was bleibt uns sonst?“

 ??  ?? Journalist Thomas Ramge, Robo-Psychologi­n Martina Mara (v. li.), Cyberabweh­r-Mann Walter Unger und Politologi­n Kathrin Stainer-Hämmerle (v. re.) sprachen mit Eric Frey ( der STANDARD, Mitte).
Journalist Thomas Ramge, Robo-Psychologi­n Martina Mara (v. li.), Cyberabweh­r-Mann Walter Unger und Politologi­n Kathrin Stainer-Hämmerle (v. re.) sprachen mit Eric Frey ( der STANDARD, Mitte).
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria