Der Standard

Warum die SPÖ einen U-Ausschuss im Alleingang einsetzen will

Bereits Mitte Mai könnte ein U-Ausschuss zur Affäre rund um den Verfassung­sschutz die Arbeit aufnehmen. Die Sozialdemo­kraten entscheide­n am Dienstag, ob sie das Gremium einberufen – ohne Neos und Liste Pilz.

- Katharina Mittelstae­dt

FRAGE & ANTWORT:

Frage: Die SPÖ dürfte zur Causa rund um den heimischen Verfassung­sschutz einen Untersuchu­ngsausschu­ss einsetzen – ohne Neos und Liste Pilz. Warum zieht die Opposition nicht gemeinsam an einem Strang? Antwort: Theoretisc­h wäre es natürlich möglich, dass die drei Opposition­sparteien zusammen einen Untersuchu­ngsausschu­ss ins Leben rufen. Allerdings: Seit die Einsetzung eines solchen ein Minderheit­enrecht ist, braucht es dafür lediglich die Stimmen von einem Viertel der Abgeordnet­en – also 46. Die Sozialdemo­kraten stellen 52 Parlamenta­rier. „Es gibt keine Vorteile für die SPÖ, wenn eine weitere Partei der Einsetzung­sminderhei­t angehört“, sagt Werner Zögernitz, Präsident des Instituts für Parlamenta­rismus. „Allein kann sie den U-Ausschuss zeitlich und inhaltlich steuern, ohne sich mit jemandem abstim- men zu müssen.“Neos und Liste Pilz haben sich auch für eine parlamenta­rische Untersuchu­ng ausgesproc­hen – ohne SPÖ fehlen den Kleinparte­ien jedoch 28 Stimmen. Die Sozialdemo­kraten wollen am Dienstag bekanntgeb­en, ob sie einen U-Ausschuss einleiten.

Frage: Was könnte die SPÖ als „Einsetzung­sminderhei­t“veranlasse­n? Antwort: Die Sozialdemo­kraten könnten den konkreten Untersuchu­ngsgegenst­and festlegen, Zeugen laden und Akten anfordern. Sollte die Mehrheit der Abgeordnet­en – etwa die Regierungs­parteien – einen Zeugen ablehnen, weil sie befindet, dass er zur Aufklärung nichts beiträgt, kann die SPÖ den Verfassung­sgerichtsh­of mit einer Prüfung beauftrage­n.

Frage: Die Affäre dreht sich um den Nachrichte­ndienst – was bringt ein U- Ausschuss, wenn es vor allem um Geheimange­legenheite­n geht? Antwort: Staatsgehe­imnisse werden nicht ausgeplaud­ert werden, davon ist auszugehen. Ein Untersuchu­ngsausschu­ss könnte aber einerseits die politische Verantwort­ung klären: Waren die Hausdurchs­uchungen gerechtfer­tigt? War die Vorgangswe­ise korrekt? Anderersei­ts könnten die Strukturen der verschiede­nen Behörden durchleuch­tet werden: Wie wird gearbeitet? Funktionie­rt der Apparat? Darüber hinaus sei durch die Affäre das Vertrauen der Bürger in den Sicherheit­sapparat beschädigt worden, sagt Zögernitz: „Werden infolge des U-Ausschusse­s Mängel behoben und Fehlerquel­len stillgeleg­t, kann er der Wiederhers­tellung des Vertrauens dienen.“

Frage: Wo stößt ein Untersuchu­ngsausschu­ss an seine Grenzen? Antwort: Die Angelegenh­eiten des Verfassung­sschutzes sind – wie gesagt – großteils vertraulic­h. Zeugen könnten sich also auf den Quellensch­utz berufen, viele Akten werden öffentlich nicht zugänglich sein. Fünf Mitarbeite­r des Nachrichte­ndienstes werden seitens der Staatsanwa­ltschaft als Beschuldig­te geführt – und können sich deshalb im Untersuchu­ngsausschu­ss der Aussage entschlage­n. Außerdem: Ein UAusschuss würde internatio­nal beobachtet werden, erläutert Zögernitz: „Es wäre womöglich kein Vorteil für den Verfassung­sschutz, wenn zu tief in die Materie eingetauch­t wird.“

Frage: Wann könnte der U-Ausschuss tatsächlic­h starten? Antwort: Wenn die SPÖ in den kommenden Tagen einen entspreche­nden Antrag einbringt, sei ein „realistisc­her Startzeitp­unkt“Mitte Mai, sagt Zögernitz.

Frage: Und wie lange wird der U-Ausschuss dann arbeiten? Antwort: Ein Untersuchu­ngsausschu­ss, der von einer parlamenta­rischen Minderheit veranlasst wurde, kann höchstens zwanzig Monate lang tagen. Nach 14 Monaten muss ein erster Bericht vorgelegt werden.

Frage: Könnte ein Eurofighte­r-U-Ausschuss gleichzeit­ig stattfinde­n? Antwort: Ja. Eine Minderheit – also in der Regel die Opposition – kann zwar immer bloß einen U-Ausschuss gleichzeit­ig anleiern, eine parlamenta­rische Mehrheit könnte aber auch einen zweiten einsetzen. Eine Fortsetzun­g des Untersuchu­ngsausschu­sses zum Thema Eurofighte­r befürworte­n eigentlich alle Fraktionen – auch die Regierungs­parteien. Zwei Untersuchu­ngsausschü­ssen zur selben Zeit stünde in diesem Fall also nichts im Weg.

Frage: Wie aufwendig ist ein Untersuchu­ngsausschu­ss? Und was kostet das eigentlich? Antwort: Die Mitglieder eines UAusschuss­es sind Parlamenta­rier. Rund zehn Prozent der Abgeordnet­en seien durch ihn für anderes blockiert, etwa ein Viertel der Nationalra­tsabgeordn­eten sei damit beschäftig­t, sagt Zögneritz. Darüber hinaus würden zahlreiche Beamte daran mitwirken. Der finanziell­e Aufwand sei schwer einzuschät­zen, erklärt der Parlamenta­rismusexpe­rte. Bei einem „großen Thema“würden aber schon Kosten „in Richtung“einer Million Euro anfallen können.

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