Selbstfahrende Autos leicht gebremst
Nach dem tödlichen Unfall im US-Bundesstaat Arizona untersucht auch Kalifornien den Vorfall. In dem Bundesstaat sollen mit Anfang April die rechtlichen Rahmenbedingungen für Tests mit autonom fahrenden Autos gelockert werden.
Tempe/Wien – Es war wahrscheinlich der erste Todesfall eines Passanten bei einer Testfahrt eines selbstfahrenden Autos. Als Sonntagnacht ein solcher Wagen des Unternehmens Uber in der Stadt Tempe, im US-Bundesstaat Arizona, eine Frau rammte, die mit ihrem Rad die Fahrbahn überqueren wollte, herrschte klare Sicht. Laut ersten Berichten war die Person im Auto, die zur Sicherheit mitfährt, nicht beeinträchtigt.
„Den Fahrer traf es wie einen Blitz, als die Passantin vor den Wagen trat“, sagte Sylvia Moir, Polizeichefin in Tempe nach dem Unfall: „Erst das Geräusch der Kollision ließ ihn den Zusammenstoß realisieren.“Das Auto war mit mehr als 60 Stundenkilometern unterwegs und machte keine Anstalten, zu bremsen. Nach Sichtung der Videoaufzeichnungen des Wagens scheint es für die Polizistin „vorläufig so, dass Uber wahrscheinlich keine Schuld an diesem Unfall hatte“. Der Konzern reagierte trotzdem drastisch und stellte alle Testfahrten mit selbstfahrenden Autos in den USA ein.
Eigentlich galt Tempe als idealer Ort, um automatische Pkws zu testen: Trockenes Wetter, breite Straßen und eine liberale Gesetzgebung lockten die Entwickler nach Arizona. Bereits 2015 deklarierten Regierungsvertreter den US-Bundesstaat als regulierungsfreie Zone für Testfahrten: „Arizona ist offen für neue Ideen“, sagte der Gouverneur Doug Ducey im vergangenen Jahr. Er wollte diese Nachricht an „Uber, Lift und andere Unternehmen in Silicon Valley“verbreiten. Selbst ein Unfall zwischen einem Uber-Auto und einem anderen Wagen im März 2017 konnte Ducey nicht von seinem Weg abbringen. Laut Untersuchungen war der andere Fahrer schuld und nicht das selbstfahrende Auto. Nun kündigte Ducey aber an, dass „die öffentliche Sicherheit unsere oberste Priorität ist“. Der Bürgermeister von Tempe warnte aber davor, „voreilige Schlüsse zu ziehen“.
Kalifornien vorsichtig
Mit Anfang April wollte Kalifornien Arizona nachfolgen und Tests mit selbstfahrenden Autos ohne Person auf dem Fahrersitz erlauben. Doch nun soll die Kraftfahrzeugbehörde des Bundesstaats mehr Informationen zu dem Unfall in Tempe sammeln.
Auch auf Bundesebene hatten die Gesetzgeber vor, liberalere Rahmenbedingungen für autonom fahrende Autos zu schaffen. Ein Gesetzesentwurf des USSenats sieht vor, dass die Entwickler von manchen bestehenden Sicherheitsstandards ausgenom- men werden. Dadurch will man in Washington auch den Bundesstaaten zuvorkommen. Eine Abstimmung darüber steht noch aus.
Bereits jetzt verpflichtet Kalifornien die Unternehmen, die Anzahl der Zwischenfälle zu melden, bei denen ein Mensch in das Fahrgeschehen eingreifen muss – sogenannte Disengagements oder Loslösungen. Zwischen Dezember 2016 und November 2017 kam es etwa bei dem Anbieter Waymo zu 63 solcher Zwischenfälle bei mehr als 560.000 gefahrenen Kilometern. Uber musste solche Zahlen noch nicht melden, da es noch nicht lange genug auf Kaliforniens Straßen unterwegs ist.
Bei der Entwicklung der selbstfahrenden Autos stehen die Techniker zudem vor einem ethischen Dilemma. Die Frage, welche Personen das Fahrzeug in Notsituationen schützen soll, beschäftigt die Entwickler. Im Vorjahr erstellte eine Expertenkommission in Deutschland einen Kodex für die Fahrzeuge. Darin festgeschrieben ist, dass Menschen über Tier und Gegenständen zu stehen haben. Laut Umfragen zeigt sich aber, dass potenzielle Käufer von autonomen Fahrzeugen Autos vorziehen, die das Menschenleben der Personen im Fahrzeug höher bewerten als das von Passanten.
Auch in Österreich finden Tests mit selbstfahrenden Fahrzeugen statt, genauer mit Heeresfahrzeugen, Bussen und Autobahnassistenten, wie das Verkehrsministerium dem STANDARD sagt. Rund zehn Unternehmen testen insgesamt ihre Produkte. In Österreich muss zudem immer eine Person mit an Bord sein, um eingreifen zu können. Zu Unfällen sei es noch nicht gekommen, so das Ministerium in der Stellungnahme.