Der Standard

Doppelpass-Idee für Südtiroler sorgt in Rom für schwere Irritation­en

Abgeordnet­e aus Bozen bei „Gedankenau­stausch“in Wien

- Gianluca Wallisch

– Wenn heute, Freitag, eine Gruppe von Südtiroler Landtagsab­geordneten in Wien mit Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) und Außenminis­terin Karin Kneissl (formal parteiunab­hängig, de facto FPÖ) zusammentr­ifft, dann sorgt das für veritable Verärgerun­g beim italienisc­hen Außenminis­ter Angelino Alfano in Rom. Denn dieser Wiener „Gedankenau­stausch“(Einladungs­text) über die Möglichkei­t einer zusätzlich­en österreich­ischen Staatsbürg­erschaft für Südtiroler deutscher und ladinische­r Sprachgrup­penzugehör­igkeit bedeutet für Rom ein Übergehen bisheriger Gepflogenh­eiten. Diese lauten: Das Thema Südtirol wird nur zwischen Wien und Rom erörtert – mit Einbeziehu­ng Südtirols, formal nur eine Provinz Italiens.

Auch wenn die österreich­ische Bundesregi­erung den italienisc­hen Botschafte­r zu diesem Treffen eingeladen habe: Das sei ein unilateral­er, nicht bilaterale­r Akt, sagt man in Rom – daher sagte der italienisc­he Topdiploma­t in Österreich auch seine Teilnahme an dem Treffen bereits im Vorfeld ab.

Außerdem empört man sich in Rom über die Idee, nur Südtiroler­n deutscher und ladinische­r Mutterspra­che den Doppelpass anzubieten: Das sei nichts anderes als die Diskrimini­erung der italienisc­hsprachige­n Bevölkerun­gsgruppe.

Bloß kein Porzellan zerschlage­n

Und in Südtirol selbst? Die regierende Südtiroler Volksparte­i (SVP) hat zwar auf einer Landesvers­ammlung ihr prinzipiel­les Interesse an einem Doppelpass bekräftigt – doch realpoliti­sch sieht die Welt für Landeshaup­tmann Arno Kompatsche­r anders aus: Das Treffen in Wien, so hört man in Bozner Korridoren, sorge bei ihm für heftiges Unbehagen. Kompatsche­r habe alle Hände voll zu tun, im ohnehin heiklen Verhältnis zu Rom nicht Porzellan zu zerschlage­n. Sichtlich bemüht, keinen Keil zwischen die Bevölkerun­gsgruppen der dreisprach­igen Provinz zu schlagen, lässt er seit Wochen keine Gelegenhei­t aus, um vor potenziell­er Diskrimini­erung zu warnen.

Den deutschspr­achigen Opposition­sparteien ist das herzlich egal. Sie jubeln über die Wiener Initiative und wittern Stimmen bei den Landtagswa­hlen im kommenden Herbst. Die Italienisc­hsprachige­n lehnen die Initiative hingegen ab und sehen darin bloß ein populistis­ches Manöver der türkis-blauen Regierung in Wien: Auch hier gehe es um Wählermaxi­mierung, und zwar bei künftigen Nationalra­tswahlen in Österreich.

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Foto: AP / ANSA / Fabio Frustaci Will unbedingt in den Sessel des Regierungs­chefs: Luigi Di Maio. Rom/Bozen/Wien

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