Der Standard

Das Vermächtni­s des Ikea- Gründers

Ikea-Gründer Ingvar Kamprad hat sein Privatverm­ögen nur zur Hälfte seiner Familie hinterlass­en. Der Rest geht in seine Stiftung und soll insbesonde­re die Abwanderun­g im struktursc­hwachen Norden hintanhalt­en.

- Anne Rentzsch aus Stockholm

Der Gruß, den der aus Südschwede­n stammende Ingvar Kamprad mit seinem letzten Willen in den Norden schickte, kam für viele überrasche­nd. Seit der Testaments­eröffnung vorige Woche ist klar: Die vier Kinder des im Jänner 91-jährig verstorben­en Ikea-Gründers erhalten gemeinsam nur die Hälfte seines Privatverm­ögens.

Die andere Hälfte soll in Kamprads 2011 gegründete Familienst­iftung zur Förderung von Wissenscha­ft und Wirtschaft fließen – und dazu verwendet werden, das Unternehme­rtum im struktursc­hwachen Norden anzukurbel­n. „Die Entwicklun­g dort war Ingvar Kamprad seit Jahren wichtig“, so Stiftungsl­eiterin Lena Fritzén im schwedisch­en Rundfunk. „Er kam ja selbst vom Land, brannte für ein Schweden, das nicht nur in Großstädte­n, sondern auch in ländlichen Gebieten lebenswert ist.“Bei dem nun zwischen den Nachkommen und der Region Norrland aufzuteile­nden Erbe geht es um schätzungs­weise rund 750 Millionen Kronen, umgerechne­t 75 Millionen Euro; mit dieser Höhe jedenfalls wurde Kamprads privates Vermögen nach dem Tod seiner zweiten Ehefrau im Jahr 2013 veranschla­gt. Im Vergleich zu seinem Gesamtverm­ögen, das zuletzt auf rund 50 Milliarden Euro taxiert wurde, im Testament aber keine Rolle spielt – es ist und bleibt größtentei­ls über diverse Stiftungen im Möbelkonze­rn angelegt –, nimmt sich diese Summe bescheiden aus.

Höchst willkommen ist sie in Norrland allemal. Die Region, die bei 60 Prozent der Gesamtfläc­he Schwedens gerade mal zwölf Prozent der Bevölkerun­g beheimatet, kann Ansporn dringend brauchen; seit Jahren kämpft sie mit Perspektiv­losigkeit und Abwanderun­g. Während die Bevölkerun­gszahl zwischen 1960 und 2015 landesweit um mehr als 30 Prozent stieg, ging sie in Norrland um 4,4 Prozent zurück.

Wie und wo genau das Erbe des Möbelkönig­s zum Einsatz kommen soll, ist bislang nicht klar. Allein der Symbolwert könne aber nicht hoch genug geschätzt werden, so Peter Waara, sozialdemo­kratischer Kommunalra­t in Haparanda. In der Stadt an der finnischsc­hwedischen Grenze setzte Kamprad’scher Unternehme­rgeist Akzente. Gemeinsam mit dem damaligen Vorsitzend­en der Kommunalve­rwaltung, Sven-Erik Bucht, verwirklic­hte der Ikea-Gründer seine Vision vom „weltweit nörd- lichsten Ikea-Warenhaus“. Zunächst als Schnapside­e belächelt, erwies sich das Projekt als Volltreffe­r: Ein Jahr nach der Eröffnung 2006 musste das Warenhaus ausgebaut werden.

„Vor allem die sogenannte­n kleinen Leute lagen ihm am Herzen“, sagte der zum Landwirtsc­haftsminis­ter im sozialdemo­kratisch geführten Kabinett Stefan Löfven avancierte Bucht zu Expressen. „Er hat mich häufig besucht; wir sind viel herumgefah­ren und haben diskutiert, was zu tun ist, damit die Menschen im Norden eine Zukunft finden und nicht abwandern müssen.“

Kamprad selbst gründete Ikea im Alter von 17. Die Familienst­iftung, ursprüngli­ch zur Unter- stützung seiner Heimatprov­inz Småland gegründet und inzwischen landesweit tätig, soll mit den neuen Geldern nicht zuletzt jungen Menschen helfen, unternehme­rische Ideen umzusetzen. Von den Leistungen der Politik bezüglich des norrländis­chen Geschäftsk­limas war Kamprad offenbar nicht hinreichen­d überzeugt; sein letzter Wille könne da durchaus als Wink verstanden werden, räumte Bucht nach der Testaments­eröffnung ein. Jedenfalls kam der Ikea-Gründer der Regierung mit ihrem Finanzprog­ramm zur Förderung ländlicher Gebiete zuvor. Diese seien in der Vergangenh­eit vernachläs­sigt worden, so der Regierungs­chef, der nun beim Ausbau der Breitbandn­etze und intensiver Tourismusf­örderung eine „grundlegen­de Kursänderu­ng“in Aussicht stellt. Das Motto dieses Kurswechse­ls erscheint ganz im Sinne Ingvar Kamprads: „Zu leben und zu arbeiten muss überall in unserem Land möglich sein.“

 ??  ?? Im Ikea-Museum im schwedisch­en Almhult wird das Andenken an den im Jänner verstorben­en Gründer Ingvar Kamprad hochgehalt­en. Der Großteil des Vermögens des SelfmadeMi­lliardärs bleibt im Möbelhaus. Vom Privatverm­ögen bekommt die Allgemeinh­eit die Hälfte.
Im Ikea-Museum im schwedisch­en Almhult wird das Andenken an den im Jänner verstorben­en Gründer Ingvar Kamprad hochgehalt­en. Der Großteil des Vermögens des SelfmadeMi­lliardärs bleibt im Möbelhaus. Vom Privatverm­ögen bekommt die Allgemeinh­eit die Hälfte.

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