Der Standard

Heiße Luft im Handelsstr­eit

Viele US-Unternehme­n wären von Trumps Strafzölle­n gegen China hart getroffen – Experten rechnen mit Deeskalati­on

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Wien – Der Aufmarsch hatte Symbolkraf­t. Ausgerechn­et in Peking versammelt­e sich eine Riege wichtiger Führungskr­äfte, viele von US-Konzernen, und warnten vor den Folgen eines Handelsstr­eits zwischen den USA und China. Die Sorge besteht, dass der Konflikt zwischen den beiden größten Volkswirts­chaften die multinatio­nalen Konzerne, die auf beiden Seiten des Pazifiks fest verankert sind, hart treffen könnte.

Anders als viele Verbündete der USA erhielt China keine vorläufige Ausnahme von den am Freitag eingeführt­en US-Zöllen auf Stahl und Aluminium. Zusätzlich hatte Trump gezielt Strafzölle und Han- delsbarrie­ren gegen China im Umfang von bis zu 60 Milliarden USDollar (49 Milliarden Euro) angekündig­t.

Peking reagierte darauf mit Zöllen auf US-Produkte im Wert von drei Milliarden Dollar. Sie sollen etwa Trockenfrü­chte, Wein und Stahlrohre betreffen. In weiterer Folge sollen noch Aluminiums­chrott und Schweinefl­eisch dazukommen. Letztere Maßnahmen dienen als Drohkuliss­e. Sie würden eingeführt, wenn sich beide Seiten nicht einigen könnten. Die härtesten Gegenmaßna­hmen, die bislang im Raum stehen, sind Zölle auf Soja, Autos und Flugzeuge. China ist Abnehmer für rund 60 Prozent der US-Sojaexport­e. Der boomende Flugverkeh­r im Land ist der wichtigste Wachstumsm­arkt für die Flugindust­rie wie den USHerstell­er Boeing. Für Peking hängt aber die Wahl der Gegenmaßna­hmen nicht nur vom weiteren Verlauf der Gespräche ab. Schließlic­h hat die US-Regierung noch keine endgültige Liste betroffene­r Produkte vorgelegt.

Beobachter schätzen die Chance als eher gering ein, dass Washington oder Peking dazu bereit wären, mit weiteren Strafzölle­n noch tiefer ins eigene Fleisch zu schneiden: „Ein großer Teil der US-Importe aus China läuft unter amerikanis­chen Marken oder läuft unter Beteiligun­g von US-Zulieferer­n ab“, heißt es in einer Analyse von Oxford Economics, einem Beraterunt­ernehmen.

Außerdem hat der US-Handelsbea­uftragte Robert Lighthizer eine 30-tägige Frist angekündig­t, in der Reaktionen eingeholt würden und auch noch Änderungen möglich seien. Das richtet sich in erster Linie an US-Firmen. Für Peking werden die amerikanis­chen Teilnehmer am diesjährig­en Wirtschaft­sforum und deren Kollegen zu Verbündete­n, um den freien Warenverke­hr möglichst wenig zu beeinträch­tigen. Wahrschein­lich werde Trump eher chinesisch­e Investitio­nen in den USA einschrän- ken, schätzen die Analysten. Denn dafür gebe es breite Unterstütz­ung im Land, sogar von beiden Parteien im Kongress.

Auch Peking dürfte der Geschmack auf Sojazölle schnell vergehen. Chinas Viehzüchte­r sind auf proteinrei­ches Sojafutter aus dem Ausland angewiesen. Gleichzeit­ig wächst die Nachfrage nach Fleisch parallel zum Wohlstands­niveau im Reich der Mitte seit Jahren ungebremst.

Solche pragmatisc­hen Überlegung­en konnten die Anleger zuletzt nicht beruhigen. US-Börsen reagierten auf Trumps Zollansage­n am Freitag mit dem stärksten Einbruch seit zwei Jahren. (slp)

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