Der Standard

Höchste Zeit für den Datenschut­znotfallpl­an

Bei der Vorbereitu­ng zum DSGVO- Start müssen Prioritäte­n richtig gesetzt werden

- Axel Anderl

Wien – Die Stunde null der Datenschut­z-Grundveror­dnung (DSGVO) am 25. Mai naht schnell, und bis dahin ist für Unternehme­n noch viel zu tun. Umso wichtiger ist ein zielgerich­teter Notfallpla­n, mit dem die verbleiben­de Zeit durch klare Prioritäte­nsetzung bestmöglic­h genutzt wird.

Zu Beginn sollten strukturel­le Fragen stehen: Wer ist intern für die Umsetzung zuständig (Recht, Technik, Geschäftsf­ührung)? Wie hoch ist das interne und externe Budget, sind externe Berater notwendig und noch verfügbar? Dann sollte vorab geklärt werden, ob im Unternehme­n ein Datenschut­zbeauftrag­ter erforderli­ch ist – und die Entscheidu­ng dokumentie­rt werden. Wenn ja, sollte die Position rasch besetzt werden, damit er von Anfang an in die Umsetzung eingebunde­n ist.

Inhaltlich muss das bestellte Projekttea­m prüfen, welche Verarbeitu­ngen im Unternehme­n

wegen Profiling, strafrecht­lich relevanter Daten oder systematis­cher Überwachun­gen ein voraussich­tlich hohes Risiko für die Betroffene­n begründen;

sensible Daten (Gesundheit, sexuelle Orientieru­ng, religiöse Anschauung­en, rassische oder ethnische Herkunft) betreffen; oder

durch ihre Masse oder Relevanz geschäftsk­ritisch sind.

In diesen Fällen ist eine umfänglich­e Erhebung und Analyse des Zwecks, der Rechtsgrun­dlage und Verhältnis­mäßigkeit durchzufüh­ren. Auf dieser Basis ist dann das vollständi­ge Verfahrens- verzeichni­s zu erstellen, die Datenschut­zfolgeabsc­hätzung durchzufüh­ren sowie Löschfrist­en und allfällige technische Sicherheit­smaßnahmen zu implementi­eren.

Als nächster Schritt sind die Zustimmung­serklärung­en – sei es auf der Website, in den Kundenvert­rägen oder von Mitarbeite­rn – zu überarbeit­en. Dabei ist auch der formale Aspekt der Entkoppelu­ng zu berücksich­tigen: Die Vertragser­füllung darf nicht an die Zustimmung zu für den Vertragsab­schluss nicht erforderli­chen Datenverar­beitungen gebunden werden. Erfahrungs­gemäß besteht hier ein großer Abstimmung­s- bedarf mit der Marketinga­bteilung. Es empfiehlt sich, auch die oft noch immer nicht gesetzesko­nformen Direktwerb­emaßnahmen (Spamverbot nach § 107 TKG) zu überprüfen.

Ebenso wichtig ist es, die bisherigen Dienstleis­tervereinb­arungen durch DSGVO-konforme Auftragsve­rarbeitung­svereinbar­ungen zu ersetzen. Auch für die neuen, umfangreic­hen Informatio­nspflichte­n gegenüber Betroffene­n und Abläufe zur Sicherstel­lung der Durchsetzu­ng ihrer schon jetzt sprunghaft stärker ausgeübten Rechte sind Vorkehrung­en zu treffen. Die dafür notwendige­n Prozesse haben daher absolute Priorität.

Für nicht priorisier­te Datenverar­beitungen sind zumindest auf Basis der bisherigen DVR-Meldungen ein provisoris­ches Verarbeitu­ngsverzeic­hnis sowie die Datenschut­zhinweise zu erstellen; all das zur Haftungsve­rmeidung jedenfalls vor dem 25. Mai.

Mustermeld­ung vorbereite­n

Sobald die Kernaufgab­en erfüllt sind, gilt es die provisoris­chen Verzeichni­sse mit der Realität im Unternehme­n abzugleich­en, die nach der DSGVO erforderli­chen Zusatzinfo­rmationen zu ergänzen sowie etwaig notwendige Folgeabsch­ätzungen nachzuzieh­en. Weiters sollte man allgemeine Datensiche­rheitsmaßn­ahmen setzen, interne Policies verabschie­den und Mitarbeite­r schulen. Zuletzt ist eine Mustermeld­ung für etwaige Datenschut­zvorfälle vorzuberei­ten, damit man im Ernstfall für die knappe 72-Stunden-Meldefrist gewappnet ist.

All diese Maßnahmen müssten eigentlich schon zum 25. 5. umgesetzt sein. Jene nicht priorisier­ten Themen, die sich nicht zeitgerech­t oder vollumfäng­lich ausgegange­n sind, sind daher möglichst rasch nachzuhole­n, um zu verhindern, dass aus dem Provisoriu­m ein rechtlich unzulässig­es Fixum wird, das Haftungen verursache­n kann.

AXEL ANDERL ist Managing Partner bei Dorda Rechtsanwä­lte, leitet das IT/IPTeam und ist Co-Leiter der Datenschut­zgruppe. axel.anderl@dorda.at

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