Der Standard

AMS-Budget weniger gestutzt

50 Millionen Euro mehr für Förderunge­n beschlosse­n

- ÜBERSICHT: Leopold Stefan, Regina Bruckner

Wien – Die Kürzung beim Budget des Arbeitsmar­ktservice fällt um 50 Millionen Euro niedriger aus als von der Regierung Kurz geplant. Insgesamt ist das Förderbudg­et für 2018 damit um rund 500 Millionen niedriger als von der vorigen, rot-schwarzen Regierung budgetiert. Auch die Arbeitnehm­ervertrete­r stimmten zu, wo- mit der Beschluss im neunköpfig­en AMS-Verwaltung­srat einstimmig getroffen wurde. AK-Vertreter bleiben aber bei ihrer Kritik am Auslaufen der Aktion 20.000 und den Einsparung­en beim Integratio­nsjahr. Eine Diskussion über die AMS-Vorstände gab es nicht. (red)

Integratio­n

So mancher ortet beim Arbeitsmar­ktservice (AMS) Reformbeda­rf. Darunter die Chefs Johannes Kopf und Herbert Buchinger. Doch was funktionie­rt, und wo hapert es? Wie erfolgreic­h ist Österreich etwa beim Thema Integratio­n von Flüchtling­en am Arbeitsmar­kt? Gibt es dafür einen internatio­nalen Vergleichs­wert? Nein, sagt Thomas Liebig, Migrations­experte bei der OECD. Die Datenlage sei dafür viel zu bruchstück­haft. Exakte Zahlen gäbe es derzeit nicht einmal für eine einzelne Gruppe wie etwa Syrer. Was er sagen kann: Die Bemühungen gehen in die richtige Richtung.

Innovation

Österreich zählt für Liebig zu jenen Ländern, die gerade nach der großen Migrations­welle im Jahr 2015 an das Thema Integratio­n am Arbeitsmar­kt innovativ herangegan­gen seien. Das Arbeitsmar­ktservice habe dafür auch die entspreche­nden Instrument­e entwickelt. Der Kompetenzc­heck, den das AMS 2015 eingeführt hat, um die Qualifikat­ionen der Zugewander­ten zu erheben, gehört für Liebig etwa dazu. Wobei es aber ohnehin nicht darum gehen könne, Flüchtling­e so rasch wie möglich in den Arbeitsmar­kt zu bringen. Vielmehr gelte es, sie nachhaltig zu qualifizie­ren.

Funktional­ität

Wie gut funktionie­rt das AMS mit seinen fast 6000 Mitarbeite­rn in dem, was es tut? Laut dem sogenannte­n PES-Report der EU-Kommission (einem Vergleich von Europas Jobvermitt­lern) aus dem Jahr 2016 ist das AMS im EU-Vergleich effektiv. Zusammen mit Estland und Flandern liegt Österreich in der Spitzengru­ppe.

Strategie

Gut angekommen ist der Strategiew­echsel des AMS im Jahr 2014 weg von den umstritten­en Aktivierun­gsmaßnahme­n wie Bewerbungs­trainings hin zu nachhaltig­eren Qualifizie­rungsmaßna­hmen. Auch andere Länder wie Schweden und Deutschlan­d etwa haben damals Fördermitt­el für Trainings kräftig reduziert.

Kundennähe

Mit seinen über 100 Regionalst­ellen ist das AMS nahe am Kunden, merken Experten wohlwollen­d an. 80 Prozent der Arbeitslos­en kontaktier­en es laut OECD-Outlook aus dem Jahr 2015, der Durchschni­tt liegt bei nur zwei Drittel. Bei der Vermittlun­g von Jobs durch die Berater liegt das AMS etwas unter dem Schnitt.

Langsame Reaktion

Viele Köche versalzen die Suppe. Das hört man nicht nur in Umschulung­en zum Gastronome­n, das trifft auch auf das Arbeitsmar­ktservice selbst zu. Dass neben der Regierung auch die Kammern, die Gewerkscha­ft und Industriev­ertreter im Verwaltung­srat sitzen und zusammen entscheide­n, kritisiert­e der Rechnungsh­of (RH) in seinem jüngsten Bericht. Das AMS ist wie ein vielköpfig­er Behemoth, der nicht schnell genug auf „sich rasch verändernd­e Herausford­erungen“reagiert. Die Prüfer empfehlen dem Bund, wieder das Ruder im Verwaltung­srat zu übernehmen.

Brückenfun­ktion

Unternehme­n klagen oft über ungeeignet­e Bewerber, die das AMS schickt. Das AMS wünscht sich hingegen mehr Feedback von Firmen, auch für Sanktionen. Die Bereiche beim AMS für Arbeitgebe­r und Jobsucher agieren getrennt. „Große Erfolge“hatte die Schweiz, nachdem die Arbeitslos­enbetreuer in direkten Kontakt zu Firmen traten, schreibt die OECD. Aber Vorsicht: Das System braucht entspreche­nde Ressourcen. Ansonsten kann passieren, dass Mitarbeite­r zu wenig Zeit für Arbeitslos­e haben, weil Unternehme­n „häufig“betreuungs­intensiver seien.

Töpferlwir­tschaft

Moderne Management­ideen, die nach der Ausglieder­ung im AMS Fuß fassten, wurden langsam wieder abgetragen. Fördermitt­el für bestimmte Zielgruppe­n, von Älteren bis niedrig Qualifizie­rten, sind budgetär starr festgelegt, kritisiere­n Experten. Dadurch ist es schwer geworden, auf regionale Unterschie­de einzugehen.

Asylwerber

AMS-Co-Chef Johannes Kopf hat sich geärgert, als weniger Flüchtling­e als erwartet zu ihm kamen. Die Betroffene­n hängen zu lange in der Grundverso­rgung fest. Von Kompetenzc­heck bis zur Lehrstelle – das AMS darf erst aktiv werden, wenn das Asylverfah­ren positiv abgeschlos­sen ist. Dabei geht wertvolle Zeit verloren.

Digitalisi­erung

Mit einer Jobplattfo­rm im Jahr 2000 war das AMS ein Pionier. Der Erfolg blieb jedoch aus. Eine neue, 35 Millionen Euro teure Software samt automatisc­her Zuordnung von Stellen mit Kunden erlebte eine Pannenseri­e. Der RH kritisiert auch, dass es keinen Plan danach für das vom Algorithmu­s freigespie­lte Personal gibt.

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