Der Standard

Ein junger Journalist und ein alter Soziologe wollen die Welt verstehen

-

Es ist schon wieder etwas mehr als ein Jahr her, dass mit dem polnisch-britischen Soziologen Zymunt Bauman einer der hellsichti­gsten und produktivs­ten Analytiker der Gegenwarts­gesellscha­ft starb. Nach dem Tod Baumans, der bis zuletzt hochaktiv geblieben war und noch einige kluge Anmerkunge­n zur Wahl Donald Trumps gemacht hatte, erschienen einige Bücher posthum – so etwa der Gesprächsb­and Das Vertraute unvertraut machen. Darin ließ sich Bauman mit dem Schweizer Journalist­en Peter Haffner auf eine Art Abschiedsb­ilanz ein und ging noch einmal die wichtigste­n Konzepte seines Werks durch, von der „flüssigen (Post-)Moderne“bis zur Globalisie­rung und ihren Folgen.

Ein etwas anderes „Gespräch“führte der damals schon über 90-jährige Bauman mit dem ziemlich genau 60 Jahre jüngeren italienisc­hen Journalist­en Thomas Leoncini. Die beiden begannen via E-Mail einen Dialog und tauschten sich über verschiede­nste Phänomene aus, die der 30-jährige Angehörige der Millennial­s für diskussion­swürdig erachtete: Das Spektrum der Themen reicht von der Zunahme schönheits­chirurgisc­her Eingriffe und Tattoos über das Phänomen Mobbing in den sozialen Medien bis hin zu Sex und Liebe im Zeitalter des Internets.

Der Gedankenau­stausch endete unvermitte­lt mit Baumans Tod am 9. Jänner 2017. Die bis dahin gesammelte­n Zeitdiagno­sen Leoncinis liegen mitsamt den soziologis­chen Reaktionen Baumans nun unter dem Titel Die Entwurzelt­en auf Deutsch vor. Und auch wenn Leoncinis Themen mitunter etwas aufgeregt daherkomme­n, so sind die abgeklärte­n Erläuterun­gen des großen Soziologen allemal die Lektüre wert.

Zygmunt Bauman und Thomas Leoncini, „Die Entwurzelt­en. Was uns bewegt im 21. Jahrhunder­t – ein Gespräch“. € 16,50 / 111 Seiten. Eichborn, Köln 2018

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria