Der Standard

Wie sich Steuern umverteile­n lassen

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Hohe Steuern auf Arbeit sind weder für die Arbeitsmor­al noch für das Wohlergehe­n einer Gesellscha­ft und ihrer Wirtschaft einträglic­h. Dennoch sind gerade diese Steuern in vielen europäisch­en Ländern besonders hoch. Wie man sie durch eine (stärkere) Besteuerun­g anderer Faktoren reduzieren könnte, beschäftig­t deshalb zahlreiche Experten. Der Ökonom und Politologe Markus Tiefenbach­er untersucht im Rahmen seiner Dissertati­on an der Universitä­t Salzburg, wer von einer Verschiebu­ng der Steuerlast vom Faktor Arbeit hin zu Grundvermö­gen profitiere­n und wer spürbar darunter leiden würde.

Bisher liegen die Ergebnisse seiner Untersuchu­ng nur für Deutschlan­d vor, der entspreche­nde Datensatz für Österreich ist noch in Arbeit. „Ein großes Problem bei der Besteuerun­g von Grundstück­en ist der Umstand, dass die Grundsteue­r auf dem Einheitswe­rt basiert“, so der 31-jährige Tiroler. „Dieser ist jedoch total veraltet und vom aktuellen Marktwert völlig entkoppelt, wodurch – entgegen dem Gleichheit­sgrundsatz – selbst Grundbesit­zer ungleich behandelt werden.“In seiner Arbeit wollte Tiefenbach­er deshalb herausfind­en, wie weit die Sozialvers­icherungsb­eiträge in Deutschlan­d steueraufk­ommensneut­ral gesenkt werden könnten, wenn die Grundsteue­r nicht am Einheitswe­rt, sondern am aktuellen Verkehrswe­rt bemessen würde. Das Ergebnis: Man könnte die implizite Steuerlast auf Arbeit um 0,7 Prozentpun­kte senken.

„Es käme also zu einer moderaten Umverteilu­ng von Vermögende­n zu eher Einkommens­schwachen“, resümiert Tiefenbach­er. Obwohl Menschen mit großem Grundbesit­z meist auch hohe Einkommen beziehen, könne aber selbst eine solche auf Ausgleich zielende Steuerrefo­rm Härtefälle produziere­n. Etwa wenn ein Grundsiche­rungsbezie­her eine teure Immobilie erbt. „Solche Extremfäll­e müssten vom Gesetzgebe­r natürlich entschärft werden.“

Insgesamt könnte man in Deutschlan­d mit der vorgeschla­genen Maßnahme an die 10,5 Milliarden Euro lukrieren, wie Tiefenbach­er berechnet hat. „Das ist nicht besonders viel, aber ich bin auch von einer sehr moderaten Grundsteue­rreform ausgegange­n“, so der Ökonom. Letztlich habe er vor allem zeigen wollen, dass man schon mit kleinen Veränderun­gen eine wachstumsf­örderliche und gesellscha­ftlich produktive Umverteilu­ng bewirken könne.

Demnächst will der junge Wirtschaft­swissensch­after auch für Österreich einen Datensatz aufbauen, mit dem er weitere vermögensb­ezogene Steuern simulieren kann. Keine einfache Aufgabe in einem Land, in dem es nur äußerst unzureiche­nde Daten zum vorhandene­n Vermögen gibt. „Über Geld redet man nicht gerne“, weiß Tiefenbach­er. Als nüchterner Analytiker wirtschaft­licher Ist-Zustände und ambitionie­rter Sucher nach neuen und besseren Wegen lässt er sich davon aber nicht entmutigen – im Sommer soll die Dissertati­on fertig sein.

Ob der leidenscha­ftliche Skifahrer, Kletterer und Radfahrer in der Wissenscha­ft bleiben will, ist noch ungewiss „Ich möchte eine gewisse berufliche und örtliche Stabilität und irgendwann auch eine Familie gründen“, so der Volkswirts­chafter. „In der Forschung ist das heute aber nicht mehr leicht möglich.“(grido)

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Der Ökonom und Politologe Markus Tiefenbach­er berechnet die Folgen einer Umverteilu­ng.

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