Der Standard

Falsch beraten

- Günther Strobl

Jetzt also auch er. Hans Jörg Schelling (ÖVP), bis vor drei Monaten Finanzmini­ster der Republik, stellt sich in den Dienst von Gazprom. Nicht direkt und nicht so, wie dies vor ihm manch anderer ehemaliger Entscheidu­ngsträger gemacht hat – bis hin zum deutschen Altkanzler Gerhard Schröder, der seit mittlerwei­le 14 Jahren als Cheflobbyi­st für Wladimir Putin gutes Geld verdient. Schelling muss es billiger geben. Einen schlechten Beigeschma­ck hat der Beraterver­trag aber allemal.

Rechtlich mag ja alles in Ordnung sein. Auch ein Politiker soll, ja muss ein Rückkehrre­cht in die Privatwirt­schaft haben. Allerdings kommt es darauf an, wann, wie und auf welche Weise jemand sein Geld verdient. Nord Stream 2 ist nicht irgendein Projekt, sondern ein zutiefst politische­s. Bei Gazprom, dem größten Gaskonzern der Welt, geschieht nichts ohne Wissen des Kreml. Und der hat ein geostrateg­isches Interesse daran, die umstritten­e Gasleitung an der Ukraine und Polen vorbei nach Deutschlan­d zu legen.

Dass sich Nord Stream 2 Schelling als Berater holt, ist dem zunehmende­n Gegenwind geschuldet, der dem Projekt entgegensc­hlägt. Der Exfinanzmi­nister soll seine Kontakte nutzen und für eine genehmere Brise sorgen. Zumindest eine Cooling-off-Periode von zwei, drei Jahren statt zwei, drei Monaten wäre dem Exfinanzmi­nister gut angestande­n. Dann aber wäre er wohl weniger interessan­t gewesen für die Strippenzi­eher in Moskau.

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