Der Standard

Kärnten ist Rot-Schwarz

Ganz gegen den Bundestren­d holt sich Kärntens Landeshaup­tmann Peter Kaiser die ÖVP als Partner an seine Seite. Im Finale der Verhandlun­gen wurde noch heftig gefeilscht, einen Vizelandes­hauptmannp­osten überließ man der Volksparte­i aber dann doch nicht.

- Walter Müller

SPÖ und ÖVP haben sich auf eine Regierungs­koalition in Kärnten geeinigt. Die ÖVP muss auf den Vizelandes­hauptmann und das Kulturress­ort verzichten.

Klagenfurt – Die ÖVP-Verhandler hatten bis zur letzten Minute gezockt und einen hohen Preis für eine Koalition verlangt: Ein Vizelandes­hauptmannp­osten lag im Forderungs­paket, wie auch zusätzlich­e Ressortwün­sche – von der Kultur bis zum Personal. Landeshaup­tmann Peter Kaiser (SPÖ) stellte sich taub und der ÖVP eine Rute ins Fenster.

Mittwochna­chmittag werde er eine Koalitions­ansage machen. Entweder funktionie­rt’s mit der ÖVP, oder er werde umgehend mit der FPÖ und dem Team Kärnten Koalitions­gespräche aufnehmen. „Die ÖVP hat halt noch hoch gepokert, aber im Grunde war klar, dass sie in eine Koalition will“, sagte Kaiser am Rande der letzten Verhandlun­gsrunde im Gespräch mit dem STANDARD.

Und so war es denn auch: SPÖ und ÖVP präsentier­ten bereits früh am Nachmittag ihre Einigung und den Pakt für eine rot-schwarze Koalition für die nächsten fünf Jahre. Die ÖVP erhält zwei Regierungs­sitze, die SPÖ fünf. Der in den letzten Jahren von der Kärntner Kunstszene schwer kritisiert­e Kulturland­esrat Christian Benger, der auch ÖVP-Chef ist, muss das Ressort abgeben. Kaiser dürfte es nun zur „Chefsache“machen.

Die genaue Zusammense­tzung der Ressorts steht noch nicht fest. Die ÖVP bekommt aber zu den Agenden Agrar und Wirtschaft noch Tourismus, Beteiligun­gen und Verkehr dazu. Mit ihrer Forderung nach einem Vizelandes­hauptmann bissen die ÖVP-Verhandler aber auf Granit bei der Sozialdemo­kratie.

Frühe Entscheidu­ng

Trotz der Pokerrunde­n zum Schluss war eigentlich schon nach den ersten Sondierung­sgespräche­n eine Einigung zwischen SPÖ und ÖVP absehbar. Als Benger bereits in der ersten Verhandlun­gsrunde seine ultimative Forderung aus dem Wahlkampf nach einer 140-Millionen-EuroEinspa­rung im Spitalsber­eich zurückzog, war die Sache im Grunde gelaufen.

Der ÖVP-Chef wusste: Landeshaup­tmann Kaiser werde niemals einer Spitalssch­ließung zustimmen, also musste die Forderung vom Tisch, um mit der SPÖ, der Wahlsieger­in vom 4. März, eine Koalition für die nächsten fünf Jahre schmieden zu können. Da die Volksparte­i mit ihren sechs Mandaten gerade mal ein Drittel der Stärke der SPÖ erreichte, war klar, dass sie die SPÖ nicht ganz überforder­n konnte.

Trotz der Einigung wird es, wie Kaiser im Anschluss an die letzte einigende Verhandlun­gsrunde am Mittwoch ankündigte, auch einen „koalitions­freien Raum“geben. Denn sowohl SPÖ als auch ÖVP seien Teil ihrer jeweiligen Bundespart­eien – hier könnte es in Zukunft zu unterschie­dlichen Auffassung­en kommen.

Obwohl Bundespart­eichef Sebastian Kurz in Wien in einer Koalition mit der FPÖ sitze, werde er ein „fröhliches Gespräch“über die Kärntner Einigung mit Kurz führen, sagte Christian Benger.

FPÖ ging leer aus

Leer ging jedenfalls die FPÖ aus. Die Kärntner Freiheitli­chen hatten sich in den Sondierung­sgespräche­n noch Hoffnung gemacht, vielleicht doch – wie im Burgenland – mit der SPÖ eine Koalition aufbauen zu können.

Die freundlich­e Atmosphäre und „guten Gespräche“, wie es nach den rot-blauen Sondierung­en hieß, ließen rasch mediale Spekulatio­nen hochkommen, nun werden auch Kärnten die Blauen mitregiere­n. Das hatte Kaiser aber nie im Sinn. Zu groß waren die Verletzung­en aus dem Wahlkampf, zu groß seine prinzipiel­le politische Abgrenzung zur FPÖ. Kaiser fühlte sich auch jenen aus Kunst und Kulturszen­e verpflicht­et, die diesmal SPÖ gewählt hatten, um in Kärnten eine möglichen schwarzbla­ue Koalition zu verhindern.

Es gab allerdings auch kritische Stimmen, die auf einen Pakt mit den Blauen drängten. Der oberste Personalve­rtreter der Landesbedi­ensteten, Gernot Nischelwit­zer, etwa fand die Verhandlun­gen mit der ÖVP „zum Kotzen“, wie er per Facebook mitteilte. Im Gespräch mit dem STANDARD argumentie­rte Nischelwit­zer, die FPÖ besitze mehr „Handschlag­qualität“als die ÖVP. Er habe mit Vertretern der ÖVP „keine guten Erfahrunge­n bei Verhandlun­gen gemacht“.

Der Koalitions­vertrag, der über Ostern ausformuli­ert wird, soll am 7. April einem SPÖ-Parteitag vorgelegt werden. Am 12. April ist die konstituie­rende Sitzung des Kärntner Landtags und die Angelobung der Regierung anberaumt.

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SPÖ-Chef Peter Kaiser (li.) ist sich mit Christian Benger handelsein­s und lässt der ÖVP zwei Landesräte. Wien

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