Kern an Kurz: Dürftige Bilanz nach 100 Tagen
SPÖ-Chef sieht „Retropädagogik“, viel „PR“und „verschobene moralische Standards“
Wien – Es sollte wohl ein Vergleich sein, der wehtut: Selbst bei Wolfgang Schüssel, für Sozialdemokraten eine Art neoliberaler Gottseibeiuns ohne Berührungsängste zum rechten Rand, sei als Kanzler von Schwarz-Blau 1 zumindest so etwas wie ein „Veränderungsplan“erkennbar gewesen. Sebastian Kurz (ÖVP) hingegen? Der verfolge mit der aktuellen Bundesregierung „vornehmlich einen PRPlan“, attestiert ihm jener Mann, der seit 100 Tagen Chef der größten Oppositionspartei ist: SPÖVorsitzender Christian Kern.
Zum Regierungsjubiläum gibt es vom Ex-Kanzler wenig Schmeichelhaftes. „Dünn und dürftig“sei die bisherige Arbeit gewesen, gekennzeichnet von „Retropädagogik“und „verschobenen moralischen Standards“. So würden nicht nur die Mittel für den Ausbau der Ganztagsschule gestreckt, sondern auch die Neue Mittelschule, deren Teamteachingstunden reduziert werden sollen, von Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) „diskreditiert“. Kern: „Diese Regierung pfeift auf die Talente, indem sie sagt ,Schau, dass du mitkommst – und wenn nicht, dann ist das dein Problem.‘“
Gleichzeitig habe Türkis-Blau „Rechtsextreme“in höchsten Positionen salonfähig gemacht und die eigene Klientel bedient, sagt Kern. Besonders empört ist er über Personalkürzungen bei den Großbetriebsprüfern – so sei der angekündigte Kampf gegen Steuervermeidung unglaubwürdig. Das fehlende Geld führe zu „sozialen Baustellen ohne Ende“, glaubt Kern. Bei der Pflege etwa würden Gemeinden und Länder alleingelassen – oder die Abschaffung des Pflegeregresses drohe zurückgenommen zu werden.
Roter Weg zum U-Ausschuss
Beim von den Roten angestrebten U-Ausschuss in Zusammenhang mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung will sich Kern nicht in die Karten blicken lassen. Hatte man vergangene Woche noch angekündigt, nach dem Abschmettern des U-Ausschuss-Antrages durch Türkis-Bau vor den Verfassungsgerichtshof ziehen zu wollen, heißt es jetzt, die weitere Vorgangsweise werden im April festgelegt. (riss)