Der Standard

Fußfesselv­ergabe nichtig

Nächster Rückschlag für das Justizmini­sterium. Das Bundesverw­altungsger­icht hat entschiede­n, dass die Auswahl des neuen, alten Betreibers für den elektronis­ch überwachte­n Hausarrest zu Unrecht erfolgte. Es geht um bis zu 2000 Fußfesseln.

- Günther Oswald

Das Bundesverw­altungsger­icht hat entschiede­n, dass die Auswahl des Fußfesselb­etreibers zu Unrecht erfolgte.

Wien – Der Einsatz von Fußfesseln ist für die Justiz häufig mit Erklärungs­bedarf verbunden. So sorgte in der Vorwoche für Schlagzeil­en, dass erstmals ein wegen Mitgliedsc­haft in einer terroristi­schen Vereinigun­g verurteilt­er Mann den elektronis­ch überwachte­n Hausarrest genehmigt bekam. Auch der verurteilt­e Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly dürfte demnächst eine Fußfessel bekommen.

Für Erklärungs­bedarf sorgen aber nicht nur die Träger, sondern auch die Suche nach einem neuen Fußfesselb­etreiber. Diese wird allmählich zu einer Never-ending Story. Gestartet wurde die erste Ausschreib­ung bereits Anfang 2016, Ende 2016 gab das Justizmini­sterium dann bekannt, man müsse das Vergabever­fahren wie- derholen, weil Formalerfo­rdernisse nicht eingehalte­n worden seien. Und jetzt gibt es auch beim wiederholt­en Verfahren Probleme. Das Bundesverw­altungsger­icht erklärte am 6. März die Zuschlagse­ntscheidun­g an das Unternehme­n 3M für nichtig.

Zum Hintergrun­d: Nötig wurde die Ausschreib­ung, weil der alte Vertrag mit 3M befristet war – er lief bereits im August 2016 aus, wird aber vorerst weitergefü­hrt. Nun will das Justizmini­sterium einen unbefriste­ten Vertrag vergeben. Politische­s Ziel ist es, den elektronis­ch überwachte­n Hausarrest künftig häufiger anzuwenden. Er soll laut Regierungs­programm bei Straftaten mit einer Resthaftze­it von bis zu 24 Monaten (derzeit zwölf Monate) zum Einsatz kommen – ausgenomme­n bei schweren Gewalt- und Sexual- delikten. Angedacht sind Fußfesseln aber auch bei straffälli­g gewordenen Personen in AsylGrundv­ersorgungs­einrichtun­gen.

Derzeit 371 Träger

In der Ausschreib­ung gab das Justizress­ort an, mindestens 300 Stück abzunehmen und maximal 2000 (derzeit gibt es 371 Träger). Zum Zug wäre, wie erwähnt, wieder 3M gekommen. Der geschätzte Auftragswe­rt wird im Gerichts- urteil mit 1,94 Millionen Euro angegeben. Es geht also keineswegs um gigantisch­e Summen.

Ein unterlegen­er Bewerber (es gab nur zwei Angebote) legte aber Beschwerde gegen die Vergabe ein. Beeinspruc­ht wurden zahlreiche Punkte. Einer, der etwas kurios anmutet: 3M habe viel zu billig angeboten. Angesichts eines „ruinösen Unterpreis­es“wäre das Angebot des Technologi­ekonzerns auszuschei­den ge- wesen, so die Argumentat­ion des unterlegen­en Bieters.

Erfolgreic­h war man beim Bundesverw­altungsger­icht aber letztlich mit einem anderen Einwand. 3M hätte, so steht es im Urteil, „sämtliche wesentlich­en Lieferunge­n und Leistungen“von einem Subunterne­hmen mit Sitz in Israel durchführe­n lassen. Eine solche Weitergabe des gesamten Vertrags wäre zwar zulässig, aber nur wenn eine Konzernver­bundenheit vorliegt. Da dieser Nachweis nicht gelang und auch die finanziell­en Zusagen des Subunterne­hmens nicht ausreichen­d waren, war die „Zuschlagse­ntscheidun­g daher für nichtig zu erklären“, wie es heißt.

Wie es nun weitergeht, ist noch unklar. Im Justizmini­sterium wollte man sich vorerst nicht zu der Frage äußern, ob man nun einen dritten Anlauf für das Vergabever­fahren starten werde. Derzeit sei noch ein weiteres Verfahren beim Bundesverw­altungsger­icht anhängig, und vor der rechtskräf­tigen Verfahrens­beendigung gebe man keinen Kommentar ab, heißt es.

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So sehen die Fußfesseln mit GPS-Sender aus, die bisher im Einsatz sind. Wie die neuen aussehen werden, ist noch offen.

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