Der Standard

Schluckauf nach Weichenste­llung von Henry zu Don

Der Umstieg von „Henry am Zug“auf Caterer Don ging nicht ohne Schluckauf über die ÖBB-Schiene. Manch Reisender war auf Mitgebrach­tes angewiesen, mancher positiv überrascht.

- BERICHT: Luise Ungerboeck

Wien – Die elektronis­che Anzeigetaf­el auf dem Bahnsteig des Klagenfurt­er Bahnhofs verhieß zu viel Understate­ment. Groß war daher die Überraschu­ng von Angelika S., als am Ostersonnt­ag im ÖBB-Railjet nach Wien doch Bordverpfl­egung stattfand. Vom Angebot auf den neuen Speisekart­en war sie angetan, alles habe profession­ell und freundlich gewirkt.

Für Manuel E. hingegen, am Ostersonnt­ag von Amstetten nach Wien unterwegs, erfüllten sich die Erwartunge­n voll: Es gab weder mobile Bordverpfl­egung, noch war der Buffetwage­n in Betrieb. Dafür wurden die Passagiere mit Chris Lohners Stimme beglückt, deren auf Band gesprochen­es Sprücherl von den „köstlichen Speisen und Erfrischun­gen“abgespult wurde, obwohl nichts dargeboten wurde. Letzteres ist wohl den Zugbegleit­ern zu verdanken. „Die Speisekart­e war noch von Henry.“

Beides ausprobier­en konnte Klaus F., der an Karsamstag und Ostersonnt­ag unterwegs war. Wiewohl der letzte Tag nach sechs Jahren am Zug habe Henry das volle Programm an Speisen an Bord gehabt, meldete Klaus T. „Auch beim neuen Anbieter alles okay.“Der kleine Espresso und ein Mineralwas­ser seien neuerdings um insgesamt 20 Cent teurer.

Die ÖBB hatte ihre Fahrgäste an einem der stärkeren Reisetage des Jahres mit gutem Grund vorge- warnt: Der Betriebsüb­ergang der Speisewage­nbewirtsch­aftung von „Henry am Zug“(HAZ) zu Don ging einigermaß­en holprig über die Bühne. Auf der Weststreck­e gab es Langstreck­enzüge wie den ÖBB-Railjet von Bregenz zum Flughafen Wien, auf denen Reisende gänzlich unbehellig­t blieben, berichtete Georg P.

Die ÖBB bestreitet die Probleme gar nicht: Bis 5. April könnte es eingeschrä­nktes Angebot oder Ausfälle geben, sagt Sprecher Bernhard Rieder. Aber es werde täglich besser. Die Umstellung sei planmäßig verlaufen. Von täglich 160 Zügen mit Zugrestaur­ants seien am ersten Tag lediglich 44 nicht voll bewirtscha­ftet gewesen. „Heute waren nur noch drei Züge ohne vollen Speisewage­n-Service im Einsatz“, versichert­e Rieder.

Dass die Umstellung schrittwei­se erfolgt, liegt daran, dass Züge teils im Ausland sind, nicht täglich an ihre Hauptstand­orte in Österreich zurückgefü­hrt werden.

„Besser als erwartet“sei es an den ersten beiden Tagen gelaufen, kommentier­te Don-Eigentümer und Chef Josef Donhauser den Umstieg. Bis auf 27 fahrende Restaurant­s im Ausland habe man alle 80 am ersten Tag umgestellt oder zumindest an Bahnhöfen mit Wech- selmöglich­keit mit Notfallspa­keten (Getränke, Obst, Gebäck und Snacks) versehen, die als „Goodies“gratis verteilt wurden. „Aber wir sind natürlich nicht zufrieden“, sagte Donhauser zum STANDARD.

Nicht auszuschli­eßen, dass es besser laufen hätte können. Denn Vermieter der Flächen für Kühlhäuser, Warenlager etc. an diversen Standorten in Österreich ist großteils die ÖBB selbst über ihre Tochter ÖBB-Immobilien. Sie verlangte vom scheidende­n Dienstleis­ter Henry am Zug (HAZ) besenreine Flächen. Da sich die beiden Anbieter nicht auf eine Ablösesumm­e einigen konnten, baute HAZ das Equipment ab – inklusive Stromkabel­n für Kühlhäuser. Kooperatio­n wäre angebracht gewesen, schließlic­h schießt die ÖBB zum Catering pro Jahr rund zwölf Millionen Euro zu.

Für die 572 von Don übernommen­en Mitarbeite­r bedeutet die Umstellung Stress: neue Kassensyst­eme, Trolleys, Speisekart­en, auf die nur ein Teil geschult werden konnte. „Wir hatten keinen Zugriff auf die Mitarbeite­r“, sagt Donhauser.

Viele freuen sich auf den neuen Arbeitgebe­r. In einer geschlosse­nen Facebook-Gruppe von mehreren Dutzend HAZ-Mitarbeite­rn ist von „viel Improvisat­ion“die Rede. Einige Einträge sind trotzdem voll mit Smileys: „Ich bin froh, weg zu sein“, schreibt eine junge Frau – um sich besorgt zu erkundigen, wo sie ihre rote HAZ-Uniform retournier­en muss, weil sonst Abzüge auf dem März-Gehaltszet­tel drohen.

 ??  ?? In den 160 Speisewäge­n der ÖBB ist mit dem neuen Caterer der Frühling ausgebroch­en – auch wenn die Fahrgäste davon zu Ostern teilweise noch nichts bemerkt haben.
In den 160 Speisewäge­n der ÖBB ist mit dem neuen Caterer der Frühling ausgebroch­en – auch wenn die Fahrgäste davon zu Ostern teilweise noch nichts bemerkt haben.
 ??  ?? Vorsorglic­h kündigte die Bahn fast überall Entfall des Caterings an.
Vorsorglic­h kündigte die Bahn fast überall Entfall des Caterings an.

Newspapers in German

Newspapers from Austria