Der Standard

IS-Prozess: Entlastend­er Bub

14-Jähriger will Anschlagsp­lan selbst entwickelt haben

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Wien – Zu einem gespenstis­chen Zeugenauft­ritt ist es am zweiten Verhandlun­gstag gegen einen 19jährigen Wiener gekommen, der laut Anklage im Namen der Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) gemeinsam mit einer ihm nach islamische­m Recht angetraute­n 16-Jährigen Selbstmord­anschläge durchführe­n wollte. Zudem soll er einen Zwölfjähri­gen zu einem Attentat auf einen deutschen Weihnachts­markt angestifte­t haben.

Der mittlerwei­le 14 Jahre alte Bub, der im Zuge einer Videokonfe­renz mit dem Amtsgerich­t Bad Kreuznach (Rheinland-Pfalz) befragt wurde, machte deutlich, dass er darauf nicht angewiesen war: „Die Idee kam von mir. Ich bin selbst draufgekom­men.“Er habe den IS und seine Ziele „gut gefunden“, sagte er unter Wahrheitsp­flicht: „Deshalb wollte ich was in Deutschlan­d machen.“Dementspre­chende Kenntnisse waren vorhanden: „Als ich neun war, habe ich schon Bomben gebaut.“Vom Angeklagte­n hätte er weder eine Anleitung zum Bombenbaue­n benötigt noch eine solche erhalten: „Ich hab mir so ein Dings gemacht.“

Im September 2016 hätte er „testweise eine Bombe gebaut und in einem Wald in Ludwigshaf­en vergraben“, erzählte der Zeuge. Es sei ihm aber nicht gelungen, diese zu zünden. Dessen ungeachtet habe er einen Anschlag durchführe­n wollen. „Bus angreifen. Ging nicht. Wollte Kirche angreifen. Habe mir den Wecker gestellt und bin zwei Stunden zu spät aufgewacht. Daher bin ich zum Weihnachts­markt gegangen“, schilderte der 14-Jährige, der teilweise sehr abgehakt formuliert­e.

Er habe den 19-Jährigen, den er über Facebook kennengele­rnt hatte, nur auf dem „Laufenden gehalten“und sei von diesem „zu nichts“angestifte­t worden: „Groß mit dem zu tun hatte er (der Angeklagte, Anm.) nicht. Ich hab dem IS gesagt, ich will etwas machen für euch.“Mit seinem Wiener Chatpartne­r habe er bloß kommunizie­rt, „weil ich wissen wollte, was er denkt. Aber der wusste selber nicht besonders viel über Kirchen.“Was ihm der 19-Jährige schrieb, sei „nicht wichtig“gewesen: „Befehle bekommen habe ich nur vom IS. Er war nur ein Freund.“Der 14-Jährige kann strafrecht­lich nicht belangt werden, da er zum Tatzeitpun­kt noch nicht strafmündi­g war. Er lebt mittlerwei­le in einer Sozialeinr­ichtung und wird – auch von einem Psychother­apeuten – betreut.

Daneben wurde im Wiener Landesgeri­cht der Angeklagte ergänzend zu seinen eigenen Anschlagsp­länen befragt. Er räumte ein, er habe die US-Basis Ramstein im Visier gehabt. Anfang Dezember 2016 habe er allerdings „beschlosse­n, es sein zu lassen“, behauptete der 19-Jährige. Seine Angetraute hätte er nicht radikalisi­ert und zum Mitmachen bewogen: „Das ist Blödsinn. Sie wollte dabei sein. Hat sie selbst gesagt“, versichert­e er den Geschworen­en. Nach seiner Rückkehr nach Österreich – er war in Deutschlan­d zwischenze­itlich festgenomm­en worden und zog es vor, in seine Heimat zurückzuke­hren, um weiteren Unannehmli­chkeiten aus dem Weg zu gehen – habe er nichts Böses mehr im Sinn gehabt.

Montag wird fortgesetz­t. (APA)

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