Der Standard

Aufregung um AUVA

Die Gesundheit­sministeri­n geht davon aus, dass die Unfallvers­icherung ihre Sparziele nicht erreichen kann und daher aufgelöst werden muss. Die wichtigste­n Fragen und Antworten zum aktuellen Aufregerth­ema.

- Günther Oswald

Warum sorgt die angedachte Auflösung der Allgemeine­n Unfallvers­icherung für Aufregung? Fragen & Antworten.

Frage: Was ist die AUVA?

Antwort: Sie ist die Unfallvers­icherungsa­nstalt für 5 Millionen Versichert­e in Österreich. Die Allgemeine Unfallvers­icherungsa­nstalt hat im Wesentlich­en vier Aufgaben: die Unfallbeha­ndlung, die Rehabilita­tion nach Unfällen, die Prävention (durch Beratung und Schulung von Unternehme­n) sowie bei bleibenden Schäden das Ausbezahle­n von Unfallrent­en.

Frage: Welche Einrichtun­gen gibt es?

Antwort: Zur AUVA gehören sieben Unfallkran­kenhäuser mit 918 Betten. Zwei gibt es in Wien (Lorenz Böhler, Meidling), je eines in Graz, Kalwang, Klagenfurt, Linz und Salzburg. Einerseits werden Arbeitsunf­allverletz­te versorgt, anderseits kommen die meisten Patienten (mehr als 80 Prozent) aber nach Freizeitun­fällen. Dazu kommen vier Rehabilita­tionszentr­en (Häring, Meidling, Tobelbad, Weißer Hof in Klosterneu­burg). Insgesamt arbeiteten Ende 2016 rund 5900 Mitarbeite­r für die AUVA, davon 4370 in Behandlung­seinrichtu­ngen. Pro Jahr gibt es rund 330.000 ambulante und 45.000 stationäre Behandlung­sfälle.

Frage: Wie finanziert sich die AUVA?

Antwort: Großteils durch Beiträge der Arbeitgebe­r. Sie müssen 1,3 Prozent der Lohnsumme abliefern. Im Jahr 2016 kam die AUVA auf Einnahmen in Höhe von 1,4 Milliarden Euro.

Frage: Was will die Regierung nun?

Antwort: Im Regierungs­programm steht, dass der Unfallvers­icherungsb­eitrag auf 0,8 Prozent gesenkt werden soll, was einer Entlastung der Betriebe um 500 Millionen Euro entspreche­n würde. Die AUVA würde also um ein gutes Drittel der Einnahmen umfallen. Der „erste finanziell­e Erfolg“muss laut Koalitions­pakt bis Ende 2018 „nachweisba­r sein“. Ansonsten werde man gesetzlich­e Maßnahmen setzen und die AUVA in die Kranken- bzw. Pensionsve­rsicherung überführen. Gesundheit­sministeri­n Beate HartingerK­lein erklärte nun, sie rechne nicht damit, dass die geforderte­n 500 Millionen an Einsparung­en erreicht werden, weshalb die AUVA wohl aufgelöst werde. Frage: Was sagt die AUVA zu den Sparvorgab­en? Antwort: AUVA-Obmann Anton Ofner bezeichnet es im STANDARD- Gespräch als „unerklär- lich“, dass sich Hartinger-Klein nicht an das Regierungs­programm halte und der AUVA nicht bis Jahresende Zeit für Reformvors­chläge gebe. In der Sache meint er, 100 Millionen könne man per 1. Jänner 2019 einsparen. Die restlichen 400 Millionen seien nur möglich, wenn man von „versicheru­ngsfremden Leistungen“entlastet werde.

Frage: Was ist damit gemeint?

Antwort: Für Arbeitsunf­älle, die in Spitälern der Länder behandelt werden, zahlt die AUVA laut Ofner 160 Millionen Euro mehr, als diese tatsächlic­h an Kosten verursache­n. Für die Kosten von Freizeitun­fällen wiederum zahlen die Länder 150 Millionen Euro zu wenig an die AUVA. Und auch die Entgeltfor­tzahlung im Krankheits­fall verursacht bei der AUVA Kosten von 100 Millionen, obwohl diese eigentlich nichts mit der Unfallvers­icherung zu tun haben.

Frage: Wie fallen die weiteren politische­n Reaktionen aus?

Antwort: Sowohl Arbeiterka­mmer und ÖGB als auch Ärztekamme­r und der von der Wirtschaft­skammer nominierte Hauptverba­nds- chef Alexander Biach sprechen sich gegen eine Auflösung der AUVA aus. „Die AUVA als eigener Versicheru­ngszweig hat sich bewährt“, meint Biach. „Massiven Widerstand“kündigte Rainer Wimmer, designiert­er Chef der Fraktion sozialdemo­kratischer Gewerkscha­fter an. SP-Geschäftsf­ührer Max Lercher vermutet gar „persönlich­e Rachegelüs­te“bei Hartinger. Schließlic­h hatte sie sich einst als AUVA-Generaldir­ektorin beworben. Sie blitzte aber ab und scheiterte auch, wie die

Kleine Zeitung im Jänner berichtete, mit Klagen nach dem Gleichbeha­ndlungsges­etz.

Frage: Steht auch eine Schließung von AUVA-Krankenhäu­sern im Raum?

Antwort: In den Ländern, unter anderem durch Wiens nächsten Bürgermeis­ter Michael Ludwig, wird bereits davor gewarnt, dass in diesem Fall die Versorgung verunfallt­er Personen gefährdet sein könnte. Davor warnt auch der ärztliche Leiter des Unfallkran­kenhauses Meidling, Christian Fialka. Von einer Schließung ist bis jetzt aber keine Rede. Es geht primär um die Frage, wer für die Einrichtun­gen zuständig sein soll. Ofner meint, dass die Länder bisher kein Interesse an einer Übernahme signalisie­rt hätten. Volkswirts­chaftlich wäre das auch keine Einsparung. Die Kosten würden sich lediglich von den Dienstgebe­rn auf die Allgemeinh­eit verlagern.

Frage: Kann man nicht bei der Verwaltung sparen? Wie viel wird dafür ausgegeben?

Antwort: Laut dem AUVA-Jahresberi­cht lag der Verwaltung­saufwand 2016 bei gut 92 Millionen Euro. Das entspricht 6,5 Prozent der gesamten Einnahmen.

Frage: Und wie ist das mit den Funktionär­en, die im Rahmen der Selbstverw­altung tätig sind?

Antwort: Da gibt es schon einige. Die Sozialpart­ner sitzen in der Generalver­sammlung (je 30 Dienstgebe­r- und Dienstnehm­ervertrete­r), im Vorstand (je sieben), in der Kontrollve­rsammlung (je drei) sowie in den Landesstel­lenausschü­ssen (je drei). Die Funktionär­e sind aber nicht angestellt, sondern bekommen nur eine Aufwandsen­tschädigun­g. Im Vorstand, der vier Mal jährlich tagt, sind das 41 Euro pro Sitzung und Mitglied. Ofner meint daher, dass man hier keine großen Summen einsparen könne. „Wer das vorgaukelt, betreibt reine Polemik.“

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Die Regierung will bei der Allgemeine­n Unfallvers­icherungsa­nstalt 500 Millionen Euro einsparen.

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