Der spektakuläre Versuch eines Wahrheitsbeweises
In Bludenz begann am Freitag der vom ehemaligen Skitrainer Karl Kahr angestrengte Prozess wegen übler Nachrede. Grundlage waren Whatsapp-Nachrichten einer Ex-Skirennläuferin und deren Ehemannes. Auch Annemarie-Moser-Pröll kam zu Wort.
Bludenz – „Das kann man ja als ein Charly Kahr nicht stehen lassen“, so begründete Anwalt Manfred Ainedter die Klage des ehemaligen ÖSV-Trainers gegen eine frühere Skirennläuferin und deren Ehemann. Das Ehepaar musste sich am Freitagnachmittag vor dem Bezirksgericht Bludenz wegen übler Nachrede verantworten.
Beide hatten in WhatsappNachrichten an Annemarie Moser-Pröll sexuelle Übergriffe Kahrs thematisiert. Richterin Daniela Flatz versuchte einen Schlichtungsversuch, beide Seiten lehnten einen Vergleich ab.
Die Ex-Rennfahrerin trat den Wahrheitsbeweis an, Ainedter will, dass die anonymen Anschuldigungen – er spricht damit die laufenden Ermittlungen der Staatsanwalt Leoben gegen Kahr an – endlich vor einem Gericht geklärt werden. „Dann werden wir uns all die 65-Jährigen, die vergewaltigt worden sein sollen, anhören. Her damit!“
Eineinhalb Stunden wird der Ehemann der Ex-Rennläuferin als Erstbeschuldigter befragt. Seit 14 Jahren sei er mit seiner Frau verheiratet, sagt er. Die sexuellen Übergriffe der Trainer Kahr und Sailer gegen Schutzbefohlene seien in diesen Jahren immer wieder Gesprächsthema zwischen ihm und seiner Frau gewesen. Nach einem Artikel in der NZZ, der auf Annemarie Mosers Sager, „Es gehören immer zwei dazu“, habe er Moser-Pröll eine Whatsapp-Nachricht geschickt: „Schämen Sie sich einen CK in Schutz zu nehmen, der zusammen mit TS viele Mädchen missbraucht und gebrochen hat. Sie wissen das sehr genau. Ich fordere Sie auf, endlich die Wahrheit zu sagen.“
Warum er das geschrieben hat, will die Richterin wissen. „Ich wollte ihr ins Gewissen reden, weil sie als Weißwäscherin des ÖSV auftritt.“Der Angeklagte outet auch seine Frau als Kahr-Opfer. Kahr habe versucht, sie zum Oralverkehr zu zwingen, ein zweites Mal habe er sie in ein Zimmer gezerrt, wo bereits der halbnackte Toni Sailer betrunken im Bett gewartet habe.
Die Ex-Rennläuferin, angeklagt wegen einer Whatsapp an Moser Pröll – ein Foto von Charly Kahr mit der Bildunterschrift „Dein Entjungferer Charly. Du warst noch keine 16 Jahre alt“– schildert die Beziehung zwischen Kahr und Moser-Pröll, einer 15-Jährigen und ihres 21 Jahre älteren Trainers. Freundschaften der Mädchen und ihre Rivalitäten kommen zur Sprache. Geschehnisse in Hotelzimmern und Zugabteilen. Inside Nationalkader, Sex und Gewalt, Suff und Eifersucht. Der Angeklagten ist es unerklärlich, warum eine Nachricht an MoserPröll an die Öffentlichkeit ge- bracht wurde. Ainedter versteht nicht, warum sie so empört war und ist, dass Moser-Pröll von Kahr entjungfert wurde. Es sei ja nicht klar, ob das unfreiwillig geschehen sei. Es kommt zu einem Wortgefecht zwischen Ainedter und der Angeklagten. „Wenn Sie weiter so mit mir reden, sage ich nichts mehr“, stellt die Frau klar. Sie lüftete auf Befragen Ainedters ihr Pseudonym, unter dem sie in der Süddeutschen Zeitung Übergriffe Kahrs geschildert hatte.
Moser-Prölls Zeuginnenaussage stand bei Redaktionsschluss noch aus. Auch Kahr war noch nicht zu Wort gekommen.