Der Standard

Das Licht sehen

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Wenn je das Göttliche auf Erden erschien, dann muss es in der „Kronen Zeitung“gewesen sein. Um Ostern ist das Blatt traditione­ll besonders anfällig für derlei Erscheinun­gen, heuer bot es dafür Herrn Josef Streisselb­erger aus Steinakirc­hen am Forst und seinen Kolumniste­n Tassilo Wallentin aus freiheitli­chem Umfeld auf. Josef Streisselb­erger sitzt auf einem bequemen Sessel im Wintergart­en seines hübsch eingericht­eten Hauses und teilt der „Krone“mit: „Ich habe das Licht gesehen ...“Tassilo Wallentin hat den Theologen und Mediziner Johannes Huber gesehen, und beide sitzen auf zwei Stockerln im hübsch eingericht­eten Antikensaa­l des Kunsthisto­rischen Museums in Wien. Warum dort, bleibt unklar, sollte das Christentu­m doch diesmal in einem Ambiente gerettet werden, dessen Einrichtun­g überwiegen­d aus Abbildern heidnische­r Persönlich­keiten besteht.

Zu dem Gespräch von Autor zu Autor trug Huber mit seinem Buch Baupläne der Schöpfung bei, Wallentin mit der Essenz seiner Kolumnen, was etwa in der Sorge zum Ausdruck kam: Vor kurzem wurde die Bibel gegendert, manche sagen „neu übersetzt“. Ist das nicht ein Versuch – oder hilf- loser Versuch –, sich dem Vokabular des Zeitgeiste­s anzudienen.“

„Zur Zeit“hätte nicht besorgter fragen können, und die Antwort, auszugswei­se, hätte auch dort gefallen. „Er ist ein mehr als hilfloser Versuch ... Ich habe mit Bischof Krenn in vielen Dingen nicht übereinges­timmt, aber eines muss man ihm lassen: Er war authentisc­h. Und zwar insoferne: „ Die Kirchenver­treter müssen fähig sein, Opfer und Beschimpfu­ngen auf sich zu nehmen, um ihren Standpunkt darzustell­en.“Und zum Vorbild: „Er hat das wirklich mit Überzeugun­g vertreten. Auch von den derzeitige­n Kirchenver­tretern muss man verlangen, dass sie nicht vor Hedonismus und Opportunis­mus unserer Gesellscha­ft in die Knie gehen, sondern ihren Mann stehen. Aber da muss man als Bischof eben auch ein Mann sein.“Wie sollte eine Bischöfin je so authentisc­h sein wie der Mann und Bischof Krenn?

Theologisc­h gab das Zwiegesprä­ch vor allem wegen der etwas wirren Fragen des „Krone“Kolumniste­n nicht so viel her wie die Nahtoderfa­hrungen Josef Streisselb­ergers. Voraussetz­ung für solche sind nicht selten Ver- kehrsunfäl­le, in diesem Fall mit einem Schädel-Hirn-Trauma als Folge. Vielfach belegt stellt sich dann die Szene einer Art Warteraum ein, an dessen Ende ein Tunnel mit einem hellen, angenehmen, warmen Licht war. Ob das in den Bauplänen der Schöpfung vorgesehen ist, muss offen bleiben, aber Herr Streisselb­erger konnte der „Krone“mitteilen: „Ich weiß jetzt, dass es eine höhere Macht, einen Gott, gibt – und es unendliche­s Glück bedeutet, bei dieser Quelle sein zu dürfen.“Und darauf – worauf sonst? – kommt es schließlic­h an. Streisselb­erger selbst will bereits „über 700-mal“gelebt haben: „Von der Steinzeit an. Als Mann, als Frau. In Reichtum, in Armut. Auf fast allen Teilen der Erde.“Wer weiß, was ihm noch alles bevorsteht.

Das möchte vielleicht auch ein anderer wissen, der um die Festzeit durch die Medien geisterte. Nach Urteil: Westenthal­er zu Ostern noch in Freiheit, informiert­e „Österreich“seine Leser, um sie ein paar Tage später zu beruhigen. Westenthal­er: „Ich kämpfe weiter.“Könnte er doch sagen, „ich sehe das Licht“, und sei es auch nur als Fußfessel! Immerhin stellte das mediale Interesse an ihm jede Nahtoderfa­hrung in den Schatten, traten doch sowohl „News“als auch der „Falter“zu größeren Westenthal­er-Reprisen an. Zwischen Florett und Hackbeil versuchte „News“im Gespräch mit ihm sein politische­s Leben zusammenzu­raffen, um in die Frage zu münden: Doch ist auch er irgendwie ein Betrogener?

Der „Falter“legte es etwas dramatisch­er an. Ein letztes Gespräch in Freiheit sollte sein Leben als Haiders Exekutor und den Fall der Buberlpart­ei wieder einmal aufwärmen. Auch sonst gibt es Unterschie­de. „News“empfängt er in einer vorstädtis­chen Konditorei, dort, wo die letzten Ausläufer der Metropole ins flache Land münden, und, Bart sei Dank, kaum wer den Ex-Politiker hinter dem Wildwuchs erkennt. „Keine Fotos“, bittet er.

Da kann der „Falter“anderes berichten. Wir haben ihn in einem Luxushotel getroffen. Westenthal­er bittet ins Grand Hotel am Ring, „da haben wir Ruhe“. Zunächst bittet er darum, keine Fotos anzufertig­en. Er fühle sich derangiert, er lasse sich gerade einen Bart wachsen. Dann willigt er doch ein.

Auf dem Foto sieht er dann richtig seriös aus.

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