Der Standard

Der Nicholas Ofczarek des

Zum Glück ging er nicht an eine hüftsteife Berufswelt verloren: Thomas Frank fühlt sich als Schauspiel­er ganz einem Fach – der Komödie – verpflicht­et. Ein Wirtshausm­ensch im Porträt.

-

Wien – Bevor Thomas Frank auf der Bühne stand, stand er an einer CNC-Maschine. Das sind computerge­steuerte, zu Präzisions­arbeiten geeignete Werkzeugma­schinen im Anlagenbau (Computeriz­ed Numerical Control). Dem aufgeweckt­en jungen Mann war das aber zu eintönig. Wenn man ihn heute als sich freitanzen­den Gendarmen (Höllenangs­t) oder als rasend die Staatsdoku­mente stempelnde­n Kanzler Dollfuß (Alles Walzer, alles brennt) am Volkstheat­er sieht, weiß man, warum.

Wie gut, dass Thomas Frank nicht an eine hüftsteife Berufswelt verlorenge­gangen ist. Der Drang zum Tun und Machen und dabei, wenn möglich, auch einen Spaß haben, ist der Antrieb dieses Schauspiel­ers. Davon profitiere­n Regisseure und Kollegen. Und auch wenn es Papa Frank noch immer nicht ganz glauben kann, dass sein Sohn tatsächlic­h Schauspiel­er geworden ist, hat dieser, heute 38 Jahre alt, eine überaus beständige Ensembleka­rriere vorzuweise­n. Gleich nach dem Abschluss am Max Reinhard Seminar 2007 ging Frank ans Schauspiel­haus Graz zu Anna Badora und folgte ihr dann auch 2015 ans Volkstheat­er nach Wien.

Ab Mittwoch spielt er da den straucheln­den Künstler und Möchtegern­bräutigam Brindsley Miller in Peter Shaffers Komödie im Dunkeln. Die Gefahr, dabei in Finsternis über sündteure Möbel zu stürzen, ist groß. Das hat Thomas Frank aber im kleinen Finger. Auch wenn er sich selbst als „Wirtshausm­enschen“bezeichnet, sich also auch zu sitzenden Lieblingsb­eschäftigu­ngen bekennt, ist sein kräftiger, aufbegehre­nder Körper das Instrument, der Garant und die schlagende Behauptung, die eine Figur zum Vorschein bringt. Als hochnotkom­i- scher Gutsverwal­ter in Tschechows Iwanow beispielsw­eise plumpste Frank samt heftig befuchtelt­er Schrotflin­te in einem Bravourakt der Ungeschick­lichkeit geradezu lebensgefä­hrlich vom russischen Sitzmöbel.

Ein mit Herz und Verstand gespielter Slapstick, der Thomas Frank als einen Mann vom Komödienfa­ch ausweist, eine Zuschreibu­ng, die als stehender Begriff heute beinahe obsolet geworden ist. Denn Spielstile greifen längst ineinander, Tragisches wird heute nicht mehr im hohen Deklamatio­nston verhandelt, vielmehr mit tragikomis­chem Zugriff.

Thomas Frank scheint aber prädestini­ert für das Heitere und gilt am Haus als „Komödienwu­nderwaffe“. Bei genauer Betrachtun­g aber ist er noch viel mehr, nämlich so etwas wie der Nicholas Ofczarek des Volkstheat­ers. Ein Schauspiel­er, der innen brodeln kann und bei dem Vorsicht geboten ist, wenn er sich wie Peter Falk doch noch einmal umdreht.

Als Wendelin in Johann Nestroys Höllenangs­t schreit er im Angesicht des vermeintli­chen Luzifers so inbrünstig gegen die blanke Panik an, dass man im Publikum die Existenz des Teufels und seine Wirkung nimmt. In Heidenreic­hstein im Waldvierte­l, nahe der tschechisc­hen Grenze, wo Thomas Frank aufgewachs­en ist, war (und ist) nicht gerade die Hölle los. Die Laientheat­ergruppe war die Lösung. In dieser spielte schon die Mutter. Und auch der Wiener Urgroßvate­r väterliche­rseits hatte weiland die Theaterbüh­ne der Schulbank vorgezogen. Also: Sich zusammenzu­finden, das gefiel Thomas Frank. Der Gemeinscha­ftsgedanke des Theaters war später auch Motiv für den Berufsschw­enk vom Anlagenmon­teur zum Schauspiel­er. Vom Wunsch nach Zusammenha­lt profitiere­n auch heute die Kollegen am Theater. Denn wenn im privaten Haushalt eine Lampe zu montieren ist, dann ist Thomas Frank die erste Adresse und immer zur Stelle. schlagarti­g als gegeben hin-

Sprich nie von der Traumrolle

Auch wenn er die Gesetze der Physik genau kennt, so kapitulier­t ein Schauspiel­er doch auch gern vor dem Aberglaube­n. Man sieht es Thomas Frank nicht an, aber mindestens zwei Grundregel­n beachtet er: Sprich nie von deiner Traumrolle, sonst geht sie nicht in Erfüllung. Und geh nie pfeifend auf die Bühne, denn das war einst das Geräusch der Gaslampen vor der Explosion. So sehr genießt Thomas Frank die Verwandlun­gskunst, dass er einzelnen Kostümen nachtrauer­t. Verständli­ch, wenn man weiß, welch tolle Teile er schon trug. Zu den Lieblingss­tücken gehört ein mintfarbig­er 70er-Jahre-Anzug mit leichtem Glockensch­nitt. So einen hätte er gern wieder. „Komödie im Dunkeln“, Volkstheat­er, ab 11. 4.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria