Der Standard

Beim Musizieren machen wir alle Flügeltüre­n auf

Der Opernsänge­r Herbert Lippert wohnt in einer denkmalges­chützten Jahrhunder­twendevill­a in Bad Vöslau, wo er regelmäßig zu Hauskonzer­ten lädt und sich von alten Möbeln nicht recht trennen kann.

- PROTOKOLL: Franziska Zoidl

2013 habe ich einem Kollegen an der Staatsoper erzählt, dass ich so viel in Wien zu tun habe und eine Bleibe brauche. Ihm fiel eine Nachbarin in Bad Vöslau ein, die einen neuen Eigentümer für ihr Haus suchte. Wir haben sie angerufen. Innerhalb von zwei Stunden war das erledigt.

Das Haus war in einem katastroph­alen Zustand, der Umbau dauerte fünf Monate. Wir haben es innen und außen ganz neu gemacht. Ich glaube, das Haus war zehn oder zwölf Jahre unbewohnt. Selbst der Garten war eine Steinwüste.

Viel kann man an einem solchen Gebäude ohnehin nicht verändern. Die Villa steht unter Denkmalsch­utz. Den Garten haben wir barock gestaltet, was gut zur Villa passt. Innen setzen wir auf einen Mix aus Antiquität­en und modernen Elementen. Die Räume sind in Grün und Gelb gehalten. Für die Gestaltung ist mei- ne Frau Gabriele verantwort­lich. Sie macht das Wohnen lebenswert. Wir sind seit 36 Jahren verheirate­t und haben mittlerwei­le den gleichen Geschmack. Größere Diskussion­en gibt es nicht mehr.

Wir können uns schwer von alten Stücken trennen. Im Esszimmer steht noch der Esstisch, in den unsere Söhne vor vielen Jahren beim Hausübungm­achen etwas eingeritzt haben, obwohl sie heute längst erwachsen sind. Wir kriegen es nicht übers Herz, uns davon zu trennen. Unsere Sitzgruppe im Wohnzimmer ist sicher schon 50, 60 Jahre alt. Wir lassen sie immer wieder neu tapezieren.

Ein besonders wichtiges Möbelstück ist für mich ein riesiger, weißer Ohrensesse­l, der in meinem Musikzimme­r steht. Er ist von meinem verstorben­en Kollegen Alfred Šramek. Er erinnert mich an ihn. Die Plakate meiner Aufführung­en – Das Rheingold, Lohengrin und so weiter – hänge ich mir in meinem Musikzimme­r auf. Sie haben großen Wert für mich. Da bin ich ein bisschen schrullig.

Wir haben sehr oft Gäste, daher sind uns unsere große Küche und das riesige Speisezimm­er wichtig. Bei Abendessen­einladunge­n teilen Gabriele und ich uns das Ko- chen auf. Alle paar Monate haben wir Hauskonzer­te mit 30 bis 40 Gästen, auch mit Kollegen aus der Staatsoper. Dann musizieren wir und machen alle Flügeltüre­n auf.

Wohnen ist für mich das Um und Auf. Früher, als unsere Kinder noch klein waren, war Wohnen für mich sogar noch ein bisschen interessan­ter. Wir haben immer groß gewohnt und hatten auf mehreren Ebenen 500 bis 600 m² Wohnraum zur Verfügung. Auf 240 m², so wie jetzt, haben wir sonst nie gewohnt.

Die ganze Großfamili­e trifft sich zweimal im Monat bei uns. Dann sitzen wir zu zwanzigst im Speisezimm­er. Meine Frau und ich sind der Stützpunkt für die ganze Familie. Es ist uns wichtig, dass unsere Kinder hier einen Rückzugsor­t haben und jederzeit nach Hause kommen können. Darum gibt es oben Gästezimme­r. Auch mein Atelier, in dem ich fast jeden Tag bis um zwei oder drei Uhr morgens male, kann in ein Matratzenl­ager umfunktion­iert werden.

Von der Küche aus sehen wir seit kurzem auf einen Bauzaun. Unsere Nachbarvil­la stand viele Jahre lang leer. Nun entstehen in ihr Wohnungen. Natürlich ist das problemati­sch, aber man wird sehen, was sich tut. Wir brauchen alle Wohnraum, es nützt ja nichts.

Irgendwann würde ich gern zurück nach Oberösterr­eich gehen und dort ein altes Bauernhaus kaufen und sanieren. Am liebsten im Salzkammer­gut oder im Mühlvierte­l. Das wäre unser Traum, aber ob wir den realisiere­n werden, ist offen. Ich werde noch ein paar Jahre an der Staatsoper sein, und wie es uns dann gesundheit­lich geht, wissen wir nicht.

 ??  ?? „Die ganze Großfamili­e trifft sich zweimal im Monat bei uns.“Herbert Lippert in seinem Atelier, das notfalls auch in ein Matratzenl­ager umfunktion­iert werden kann.
„Die ganze Großfamili­e trifft sich zweimal im Monat bei uns.“Herbert Lippert in seinem Atelier, das notfalls auch in ein Matratzenl­ager umfunktion­iert werden kann.

Newspapers in German

Newspapers from Austria