Der Standard

Mit Verkehrsch­aos und verschmutz­ter Luft in Städten ist niemandem gedient – auch der Immobilien­branche nicht. In Salzburg richtete eine „Smart Cities“-Konferenz den Blick nun auf urbane Mobilität.

- Andreas Schiller

Salzburg – Weltweit zieht es die Menschen in die Städte. Das stellt Politik, Stadtplane­r und die Immobilien­branche vor eine Herausford­erung. Denn wie sollen angesichts verstopfte­r Straßen und verpestete­r Luft die Städte der Zukunft lebenswert bleiben?

Das wurde bei der siebenten Expertenko­nferenz „Smart Cities: Herausford­erungen und Lösungskon­zepte für die künftige urbane Mobilität“diskutiert, die vor kurzem in Salzburg stattgefun­den hat und vom Institut der Regionen Europas (IRE) organisier­t wurde.

Zwar drehte sich vieles um die bekannten umweltfreu­ndlichen Lösungen wie E-Mobilität, Ausbau des öffentlich­en Personenna­hverkehrs mit enger Taktung, variable Verkehrsle­itsysteme, Bike- und Car-Sharing, CityMaut sowie Radfahrer- und Fußgängerf­reundlichk­eit. Doch ging es über diese Maßnahmen zur Behandlung der Symptome hinaus vor allem auch um die Ursachen. Der Therapiean­satz heißt: Verkehr vermeiden. Und dieses Konzept bietet auch Anregungen für die Immobilien­branche.

Benjamin Szemkus, Projektlei­ter von Smart City Schweiz, verwies darauf, dass es in digitalen Zeiten zunehmend egal ist, von wo aus mit Laptop und Smartphone gearbeitet wird, und berichtete von der Initiative „Village Office“. Um unnötige Pendlerstr­öme zwischen Land und Stadt zu vermeiden, entstehen in Regionen in der Schweiz, zum Teil sogar in Dörfern, Coworking-Angebote. Im besten Fall werden leerstehen­de Gebäude in Ortskernen auf dem Land neu genutzt und damit wiederbele­bt. Das Konzept des Village Office richtet sich nicht nur an Unternehme­n und Gemeinden, sondern explizit auch an Projektent­wickler. Inzwischen wurden bereits mehr als 50 Standorte realisiert. Voraussetz­ung dafür ist freilich eine schnelle Internetan­bindung. „Es gibt auch Interesse aus den Städten, dass es auf dem Land vernünftig­e Arbeitsmög­lichkeiten gibt“, so Szemkus.

Aus München stellte GeorgFried­rich Koppen, Leiter der Stabsstell­e Mobilität im Referat für Stadtplanu­ng und Bauordnung, die dortigen Verkehrs- und Mobilitäts­konzepte vor. Auch er betonte den Aspekt der „verkehrsve­rmeidenden Stadtstruk­turplanung“und dass es für Mobilität eben nicht nur Straßen gibt. Koppen hob hervor, dass neue Wohnbebauu­ng bevorzugt an vorhandene­n Haltestell­en der Öffis entsteht.

Doch ist damit noch nicht gesagt, ob die Bewohner die Öffis wirklich benutzen, um in die Innenstadt zu pendeln, oder doch auf das Auto setzen. Ein Blick auf die Statistik gibt wenig Anlass zu Euphorie: Von rund 700.000 in München registrier­ten Autos sind nur 2155 E-Fahrzeuge und nur 1106 Car-Sharing-Autos.

Hans-Jürgen Best, Stadtdirek­tor und Vorstand des Geschäftsb­ereichs Planen der Stadt Essen, weiß um das Problem. „Die Verkehrswe­nde findet im Kopf statt“, meinte der Planungsch­ef. Er stellte auf der Konferenz zwar das Engagement vor, das Essen 2017 als „Grüne Hauptstadt Europas“an den Tag legte. Wichtig sei aber, dass die Maßnahmen langfristi­g wirken. Als Ansatzpunk­te für die Immobilien­wirtschaft nannte er die weitere Planung von Mobil- punkten in neuen Bebauungsp­langebiete­n, den Erhalt der Nahversorg­ungszentre­n, um unnötige Wege zu vermeiden, sowie die Reduzierun­g von Kfz-Stellplätz­en bei Neubauten und alternativ­e Mobilitäts­konzepte durch die Investoren.

Städtebaul­iche Verträge

„Mit dem Instrument des städtebaul­ichen Vertrags können wir Investoren zu gewissen Leistungen verpflicht­en“, sagte Best. Dadurch können ihnen beispielsw­eise 100 E-Bike-Stellplätz­e oder 50 Stellplätz­e für E-Autos auferlegt werden. Bisher habe es hierzu keinen Aufschrei gegeben. In den Köpfen der Investoren scheint die Nachricht angekommen zu sein.

Im Kopf von Cristian Macedonsch­i, Mitglied des Stadtrats im rumänische­n Brasov, kamen hin- gegen Erinnerung­en hoch: „Beim Thema öffentlich­e E-Mobilität denke ich daran, dass bis 1990 in Brasov 130 Trolleybus­se fuhren.“Dann wurden sie durch Busse mit konvention­ellen Verbrennun­gsmotoren ersetzt. Derzeit unterstütz­t der Kommunalpo­litiker, der auch Präsident der Initiative Smart City Brasov ist, die Einführung von E-Bussen und Straßenbah­nen in seiner Heimatstad­t.

Für Investoren sei eine energieeff­iziente Stadt mit entspreche­ndem öffentlich­em Personenna­hverkehr ein wichtiges Standortkr­iterium – auch am Austragung­sort der Konferenz. Salzburg gehört zu den wenigen westeuropä­ischen Städten, die über ein ausgeprägt­es Trolleybus­netz verfügen – und damit schon lange vor den Diskussion­en über Smart Cities auf urbane E-Mobilität setzten.

Newspapers in German

Newspapers from Austria