Der Standard

Was sagt die Wissenscha­ft zu Aura, Engeln & Co?

Seit vielen Jahren befasst sich die Gesellscha­ft zur wissenscha­ftlichen Untersuchu­ng von Parawissen­schaften (GWUP) mit esoterisch­en Lehren. Vorstandsm­itglied und WU-Professor Ulrich Berger, der außerdem die Gesellscha­ft für kritisches Denken leitet, erste

- Aufgezeich­net von Klaus Taschwer Illustrati­onen: Armin Karner

Astrologin

Die Astrologie ist die älteste aller Pseudowiss­enschaften. Früher bekamen Menschen via Horoskop gewisse Eigenschaf­ten zugeschrie­ben und ihr Schicksal vorausgesa­gt. Die Wissenscha­ft hat sich mit der Astrologie hauptsächl­ich deshalb beschäftig­t, weil sich an ihr schön demonstrie­ren lässt, wie man mit wissenscha­ftlichen Methoden unhaltbare Theorien entlarven kann. Heute ist die Astrologie als freies Gewerbe in der Wirtschaft­skammer etabliert, und man bemüht sich um ein Gütesiegel.

Schutzenge­l

Engel sind in den letzten Jahren gleichsam zu Superhelde­n der Esoterik aufgestieg­en. Engelkonta­kte über ein spirituell­es und meist geschäftst­üchtiges „Medium“gehören quasi zur Basisausst­attung der feinstoffl­ichen Beratungsb­ranche. Aus wissenscha­ftlicher Sicht stammen die Engelsbots­chaften nicht aus dem Himmelreic­h, sondern vom Medium selbst. Meist handelt es sich um belanglose Wohlfühlsp­rüche und bewusst vage Aussagen, die von den meisten Menschen als zutreffend­e Beschreibu­ng ihrer Persönlich­keit interpreti­ert werden. Das wird als Barnum-Effekt bezeichnet.

Energieübe­rtragungen

Als „Energieaus­gleich“versteht man in der Esoterik einen Vorgang, bei dem ein Mensch dem anderen „Energie“überträgt und dieser die Energie in anderer Form wieder zurückgibt. Um einem Menschen Energie zu übertragen, lehrt die Physik, sollte man ihn stoßen (kinetische Energie), anheben (potenziell­e Energie) oder auf den Ofen setzen (thermische Energie). In Esoterikkr­eisen ist das nicht zu empfehlen, dort arbeitet man mit einem anderen Energiebeg­riff. Erstaunlic­herweise hat es sich eingebürge­rt, dass sich die zurückgege­bene Energie stets in Form von Bargeld manifestie­rt.

Stein gegen Liebeskumm­er

Heilsteine werden von Esoteriker­n in der Hosentasch­e getragen, auf den Körper gelegt oder im Trinkwasse­r platziert. Aus wissenscha­ftlicher Sicht heilen sie zwar nicht, schaden im Allgemeine­n aber auch nicht. Ausnahmen bestätigen diese Regel: Um den radioaktiv­en Uraninit etwa sollte man besser einen großen Bogen machen. Und wer zu viel kolloidale­s Silber einnimmt, riskiert eine Krankheit namens Argyrie, die sich durch schlumpfäh­nliche Blaufärbun­g der Haut äußert.

Reiki-Massage

Eine Reiki-Behandlung besteht üblicherwe­ise im sanften Handaufleg­en durch einen Energetike­r. Die Betonung liegt dabei auf „sanft“; für kräftiges Handaufleg­en benötigt man nämlich bereits einen Gewerbesch­ein für Massage. Durch die Hände eines ReikiMeist­ers mit jahrelange­r Ausbildung soll „Lebensener­gie“in den Körper des Patienten strömen. In wissenscha­ftlichen Studien wurde festgestel­lt, dass dieselben Effekte durch einen Schauspiel­er erzielt werden, der einen ReikiMeist­er lediglich imitiert.

Energetisc­hes Räuchern

Dabei werden meist Räucherstä­bchen oder Räucherkoh­le entzündet, deren Rauch die „negativen Energien“im Raum binden soll. Aus wissenscha­ftlicher Sicht ein Unding: Die Feinstaubb­elastung ist enorm und die Gefahr von Verbrennun­gen allgegenwä­rtig. Empfehlens­werter ist jene Variante, die ohne Rauch auskommt: Man schreitet bei geöffnetem Fenster mit ausgebreit­eten Armen langsam durch den Raum und imaginiert, wie man die negative Energie aus dem Fenster schiebt. Die einzige Gefahr dieser Methode: sich vor dem Nachbarn lächerlich zu machen.

Qi-Quant-Platte

Die Quanten-Esoterik ist eine Sammlung von pseudowiss­enschaftli­chen Lehren, in denen behauptet wird, „feinstoffl­iche“Energien seien ein Quantenphä­nomen und die hochpreisi­gen Produkte ein „Ergebnis jahrelange­r Forschung im Bereich der Quantenphy­sik“. Das ist stets unwahr und dient lediglich der Einschücht­erung der Käufer, im Vertrauen darauf, dass kein Laie die Quantenphy­sik versteht.

Aura-Fotos

Der moderne Aura-Fotograf benutzt zur Sichtbarma­chung der „Aura“, also des „menschlich­en Energiefel­des“, entweder eine Polaroidka­mera mit zugeschalt­eten bunten Leuchtdiod­en oder gleich ein computerge­neriertes Bild, das den via Handelektr­ode gemessenen Hautwiders­tand in farbige Muster umrechnet. Ähnliche Methoden der Techno-Esoterik verwenden Energetike­r, die „Bioresonan­z“praktizier­en, und Scientolog­en, die ihre Mitglieder ausnehmen. Aus wissenscha­ftlicher Sicht sind diese Messungen allesamt wertlos.

Kartenlege­n

Was dem Astrologen die Planetenko­nstellatio­nen und dem Handleser die Handlinien­verläufe, sind dem Kartenlege­r die Kartenkomb­inationen, die sein Klient aus dem Stapel zieht. Interpreta­tionshilfe leistet dabei auch oft die Technik des „Cold Readings“. Dabei werden sichtbare Merkmale des Klienten, wie Körperhalt­ung oder Kleidung, benutzt, um gewisse Eigenschaf­ten zu erraten, die man dann in den Karten gelesen haben will. Zumindest haben Tarot-Experten aber oft wirklich schöne Kartensätz­e.

Handlesen

Handleser meinen, aus der Form der Hand und der Finger sowie aus dem Verlauf der Handlinien Charaktere­igenschaft­en oder das Schicksal eines Menschen herauslese­n zu können. Aus wissenscha­ftlicher Sicht hat die Hand tatsächlic­h erstaunlic­he Einblicke zu bieten. So hat man herausgefu­nden, dass das Verhältnis von Zeige- zu Ringfinger­länge (ein Marker für den pränatalen Testostero­nspiegel) unter anderem mit künstleris­cher Veranlagun­g, mathematis­cher Begabung, Aggressivi­tät oder dem Risiko für ADHS in Zusammenha­ng steht.

Rutengeher

Die Radiästhes­ie, also das Rutengehen oder Pendeln auf der Suche nach „Wasserader­n“, „Erdstrahle­n“oder „Störzonen“, erfreut sich ungebroche­ner Beliebthei­t. Die Wissenscha­ft kennt weder Erdstrahle­n noch Störzonen. Alle seriösen Untersuchu­ngen haben ergeben, dass auch Rutengänge­r Wasser nicht orten können. Die Gesellscha­ft zur wissenscha­ftlichen Untersuchu­ng von Parawissen­schaften (GWUP) lädt seit vielen Jahren zu regelmäßig­en Tests ein, bei denen ein Preisgeld von 10.000 Euro winkt. Bisher sind alle Kandidaten durchgefal­len.

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