Syrien: Mutmaßlicher Einsatz von Giftgas forderte viele Tote
USA prüfen – Einigung über Rebellenabzug aus Douma
Damaskus – Am Wochenende sind bei Angriffen der syrischen Armee auf Ostghouta Dutzende Menschen getötet worden. Verschiedene Hilfsorganisationen und die islamistische Rebellengruppe Jaish al-Islam werfen der syrischen Armee vor, dabei chemische Waffen eingesetzt zu haben. Wie viele Menschen bei den Angriffen auf die letzte Rebellenhochburg Douma in der Enklave bei Damaskus ums Leben kamen, ist nicht geklärt. Von 40 bis mehr als 150 Todesopfern ist die Rede, unter ihnen befinden sich auch viele Frauen und Kinder.
Die Hilfsorganisationen Syrian American Medical Society (SAMS) und die syrische Zivilschutzorganisation Weißhelme etwa sprachen am Sonntag in einer gemeinsamen Erklärung von 49 Todesopfern durch Giftgas. Auch das Ärztenetzwerk UOSSM (Union of Medical Care and Relief Organization) spricht von einem Giftgasanschlag und geht sogar von mindestens 150 Toten aus. Mehr als 1000 Menschen sollen verletzt worden sein. SAMS zufolge traf eine Chlorgasbombe ein Krankenhaus. Dabei seien sechs Menschen getötet worden. Ein zweiter Angriff mit verschiedenen Chemikalien hätte weitere 35 Menschenleben gefordert.
Regierung Syriens dementiert
Die syrische Nachrichtenagentur Sana verwarf diese Berichte unterdessen als unwahr. „Einige Medien, die für ihre Unterstützung der Terroristen bekannt sind, haben behauptet, dass die Armee chemische Waffen in der Stadt Douma benutzt habe.“Derartige Berichte dienten nur dazu, das Vorrücken der syrischen Armee zu hindern.
Auch die der Opposition nahestehende Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte teilte mit, sie könne einen Giftgaseinsatz nicht bestätigen. Die in London ansässige Organisation erklärte, sie habe Informationen über elf Tote in Douma. Diese Menschen seien in dichtem Rauch nach einem Angriff mit einer konventionellen Waffe erstickt. Auch Russland bestreitet die GiftgasVorwürfe: Es handle sich um „fabrizierte Anschuldigungen“, sagte Generalmajor Juri Jewtuschenko, der zugleich den Abzug der Rebellenkämpfer aus Douma forderte.
Tatsächlich einigte sich die syrische Regierung am Sonntag mit der Rebellengruppe Jaish al-Islam über deren Abzug. Der Einigung zufolge sollen die Kämpfer in die Rebellenhochburg Jarablus im Norden gebracht werden. Im Gegenzug für ihren freien Abzug aus Douma sollten die Rebellen mehrere Geiseln freilassen. Bis Dienstag soll die Evakuierung abgeschlossen sein. Douma ist die letzte Stadt in der Ostghouta, die von der Jaish al-Islam gehalten wird. Die syrische Armee hatte das Gebiet in den vergangenen Wochen von Rebellen zurückerobert.
Trump nennt Assad „Tier“
US-Präsident Donald Trump verurteilte am Sonntag den „sinnlosen Chemieangriff“. Die Verantwortlichen müssten einen „hohen Preis“dafür zahlen. Trump wies Russland und dem Iran eine Mitverantwortung zu, da sie den syrischen Staatschef Bashar al-Assad unterstützten – Trump nannte diesen ein „Tier“. Trumps Aussagen nährten Spekulationen, dass die USA in Syrien eingreifen könnten. Bereits zuvor hatte die US-Regierung angekündigt, die Giftgasvorwürfe zu prüfen. Sollten sich die Berichte bestätigen, sei eine sofortige Antwort der internationalen Gemeinschaft gefordert, sagte Außenministeriumssprecherin Heather Nauert.
In Israel wurden unterdessen Stimmen für ein Eingreifen der USA in Syrien lauter. Amos Jadlin, ehemaliger Chef des israelischen Militärgeheimdienstes, schrieb am Sonntag auf Twitter: „Es ist wichtig, dass die Regierung (des US-Präsidenten Donald Trump, Anm.) wiederholt, was sie vor einem Jahr getan hat.“Damals hatten die USA nach einem verheerenden Giftgasangriff auf die von Rebellen kontrollierte Stadt Khan Sheikhoun einen syrischen Militärflughafen bombardiert. „Es wäre das Richtige, die syrische Hubschrauberflotte, die Fassbomben abwirft, endgültig zu zerstören“, sagte Jadlin. „Auch ohne Giftgas ist dies eine ungenaue Terrorwaffe, die vor allem Zivilisten trifft.“(APA, red)