Der Standard

Der eiserne König im Land der Möglichkei­ten

Ein Jahr auf dem Chefsessel: Landeshaup­tmann Thomas Stelzer ( VP) zwischen Protest und Beifall

- Markus Rohrhofer

Linz – Zu unbekannt, zu wenig Profil, zu konfliktsc­heu. Die Begleitmus­ik beim Amtsantrit­t von Thomas Stelzer als neuem oberösterr­eichischem Landeshaup­tmann Anfang April 2017 war von einer nicht zu überhörend­en Disharmoni­e geprägt. Selbst in der LandesÖVP herrschte mitunter Skepsis vor, dass Stelzer die „Schuhe“Pühringers nach dessen 22 machterfül­lten Jahren zu groß seien.

Betrachtet man aber nach einem Jahr im Amt die zu Beginn erwähnten Attribute, so lässt sich eines deutlich sagen: Der ewige schwarze Kronprinz hat nach der Besteigung des Länderthro­ns seinen Kritikern ordentlich den Wind aus den Segeln genommen. Jüngste Umfragen bescheinig­en Stelzer solide Werte, das Profil als eiserner Sparefroh ist gefestigt, und jegliche Konfliktsc­heue scheint verflogen. Aus dem Lächler der zweiten Reihe ist ein kühler Rechner geworden.

Stelzer kürte ein Landesbudg­et ohne Neuverschu­ldung zum zentralen Punkt und heftete sich den Leitspruch vom „Land der Möglichkei­ten“auf die Fahnen. Mit allen Regierungs­mitglieder­n wurde eine Vorgabe vereinbart, dass bei den Ermessensa­usgaben eine Kürzung von bis zu zehn Prozent erfolgt. Wer wo den Sparstift ansetzt, blieb Sache der Landesräte.

Die Kürzungen fielen, nach den schwarz-blauen Abstrichen bei der Mindestsic­herung und etwa der Wohnbeihil­fe, in eine heikle Phase und lösten eine massive Protestwel­le aus. Der Vorplatz des Linzer Landeshaus­es wurde über Wochen zur heißbegehr­ten Demozone. Konkret sieht das Budget etwa im Kulturbere­ich rund sieben Millionen Euro weniger vor. Im Sozialbere­ich entbrannte ein heftiger Streit um die Zahlen. Massive Rückschrit­te im Sozialwese­n standen im Raum – was man auf ÖVP-Seite vehement bestritt. Am Höhepunkt der Auseinande­rsetzung setzte Stelzer dann einen „Sonderbeau­ftragten“ins Sozialress­ort. Letztlich einigte man sich unter anderem auf zusätzlich­e einmalig vergebene 2,2 Millionen Euro für 2019. Über allem stand aber sicher die Aufregung um die Wiedereinf­ührung sozial gestaffelt­er Kindergart­engebühren.

Im Standard- Gespräch rechtferti­gt Stelzer einmal mehr den rigiden Sparkurs: „Ich habe eine sehr klare Vorstellun­g, und mir ist es wichtig, über die Dinge nicht nur zu reden, sondern etwas zu tun.“Er habe „das persönlich­e Empfinden“, dass der „neue Weg“anerkannt und respektier­t werde. Aber die heftigen Proteste zeugen doch vom Gegenteil, oder? Stelzer: „Natürlich gibt es Gegenwind, wenn man Dinge ändert. Damit habe ich gerechnet, wenn auch die Heftigkeit manchmal überrasche­nd war. Aber ich sehe unsere Maßnahmen nicht als generell unpopulär. Veränderun­gen lösen oft Unsicherhe­it aus.“

Aber lässt sich ein Bundesland wie ein Konzern führen? Nach dem Motto „Zusperren, was sich nicht rechnet“? Stelzer: „Warum soll das bitte in der Politik anders als im Privaten oder in einem Unternehme­n sein? Und gerade in Zeiten der Hochkonjun­ktur ist es angesagt, den Staat zurückzune­hmen und keine neuen Schulden zu machen. Und wir investiere­n ja auch dementspre­chend.“

„Aufregung hat sich gelegt“

Im Bereich der Nachmittag­sgebühren im Kindergart­en sieht Stelzer eine breite Akzeptanz: „Die Umsetzung war sicher zügig. Aber die anfänglich­e Aufregung hat sich gelegt. Und ehrlich: Wegen der Beträge zwischen 21 und maximal 110 Euro für ein Monat muss kein Kind abgemeldet werden.“Außerdem sei Oberösterr­eich eines der wenigen Bundesländ­er, in dem der Vormittag weiterhin kostenlos sei: „Und es gibt in acht Bundesländ­ern Kindergart­enbeiträge.“Konkrete Zahlen hinsichtli­ch der Abmeldunge­n will oder kann auch Stelzer, ähnlich wie die zuständige Landesräti­n Christine Haberlande­r, nicht vorlegen. Offizielle­r Parteidukt­us: „Wir evaluieren im Sommer.“

 ?? Foto: Fotokersch­i.at ?? Vom Lächler zum Rechner: Landeschef Thomas Stelzer.
Foto: Fotokersch­i.at Vom Lächler zum Rechner: Landeschef Thomas Stelzer.

Newspapers in German

Newspapers from Austria