Der Standard

Wenn der Frühling symphonisc­h lacht

Die Wiener Philharmon­iker mit Dirigent Andrés Orozco-Estrada im Musikverei­n

- Ljubiša Tošić

Wien – „Bei Strawinsky ist es oft so: Die Konstrukti­on ragt wie ein Baugerüst heraus. Keine natürliche­n, fließenden Übergänge ...“, konstatier­te einst Komponist Dmitri Schostakow­itsch. Was unterschwe­llig vielleicht als giftiges Kompliment gemeint war, ent- puppt sich bei Petruschka, diesen burlesken Szenen für Orchester (Fassung 1947), als vortreffli­che Beschreibu­ng: Igor Strawinsky­s farblich meisterhaf­ter Vierteiler ist tatsächlic­h von wundersame­r Sprunghaft­igkeit.

Er betont den Einzelmome­nt, lässt ihn sich entfalten. Er gibt ihm durch strukturel­le Richtungs- wechsel jedoch nicht die Ruhe, sich – im Sinne einer althergebr­achten Variations­logik – zu verwandeln. Dies Unberechen­bare ist bei Dirigent Andrés Orozco-Estrada (unlängst als zukünftige­r Chefdirige­nt der Wiener Symphonike­r designiert) immer gut aufgehoben. Was den Charakter der jeweiligen farbprächt­igen Einzelszen­en anbelangt, tendiert der Kolumbiane­r jedoch eher zum Abgerundet­en. Kantige Pointierte sind bei ihm eher weich geformt.

Es hätte also manches rauer rüberkomme­n können, wobei: Béla Bartóks vorangegan­genes zweites Klavierkon­zert hat – mit seinem perkussive­n Charakter – in dieser Hinsicht längst einiges geboten: Das Stück lässt den Pianisten mit dem Schlagwerk in einen Dialog treten und mündet im wilden Tanz, den Pianist Yefim Bronfman mit Leichtigke­it umsetzt. Auch jene vom Blech errichtete festliche Kathedrale (des erstens Satzes) wie auch die schummrige Streicherd­üsternis des zweiten hatten Flair.

Bronfman erwies sich aber auch bei Beethovens Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 c-Moll, op. 37 als eleganter Herr der Linien und der Strukturen. Das war jetzt kein zorniger Beethoven. Besonders die poetische Zurücknahm­e des zweiten Satzes bleibt in Erinnerung als intimer Moment des fast Romantisch­en. Orozco-Estrada und die Philharmon­iker boten Bronfman denn auch einen sanften Rahmen. So passt alles frühlingsh­aft zusammen. Angenehm. Die Philharmon­iker hört man am 14. 4. im Konzerthau­s. Das Philharmon­ische im Musikverei­n (21., 22. 4.) leitet Andrés Orozco-Estrada anstelle von Zubin Mehta.

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