Der Standard

Türkis-blaue Scheindeba­tte

- Günther Oswald

Gesundheit­sministeri­n Beate Hartinger-Klein hat den Opposition­sparteien einen Elfmeter aufgelegt. Sie kommunizie­rt, dass man die Allgemeine Unfallvers­icherung (AUVA) wohl auflösen müsse, weil diese die vorgegeben­en Einsparung­en von 500 Millionen Euro nicht erreichen werde, kann aber abgesehen vom PR-Schlagwort „Reformen“keinen einzigen Grund nennen, welche Vorteile eine Zerschlagu­ng hätte. Mangels konkreter Vorschläge der Ministerin warnen Gewerkscha­ft, SPÖ und Ärzte schon vor der Schließung von Unfallkran­kenhäusern.

Daran sei natürlich nicht gedacht, versichert die Regierung nun nach der ersten Aufregung. In den AUVA-Spitälern werde schließlic­h gute Arbeit geleistet, und man brauche deren Leistungen für die verunfallt­en Versichert­en. Das wirft aber nur noch mehr die Frage auf: Wozu dann das Gerede von der Auflösung der AUVA? FPÖ-Chef HeinzChris­tian Strache verweist darauf, dass sich die Unfallvers­icherung auf ihr Kerngeschä­ft, also die Versorgung nach berufsbedi­ngten Unfällen, konzentrie­ren soll. Um die Opfer von Freizeitun­fällen könnten sich auch die anderen Sozialvers­icherungst­räger kümmern. Diesen Vorschlag kann man diskutiere­n. Eingespart wird dadurch aber kein einziger Euro. Es ändert sich nur die zahlende Stelle.

Es drängt sich daher der Verdacht auf, dass von den wahren Gründen für die Reformüber­legungen abgelenkt werden soll. Der erste ist: Wird der Unfallvers­icherungsb­eitrag, wie von Türkis-Blau geplant, von 1,3 auf 0,8 Prozent gesenkt, ersparen sich die Unternehme­n 500 Millionen. Streicht man keine Leistungen, und das ist ja angeblich das Ziel, müssen diese Kosten von den Ländern oder den Krankenkas­sen getragen werden. Es handelt sich also um eine Umverteilu­ngsaktion: Entlastung der Arbeitgebe­r, Belastung der Allgemeinh­eit.

Worüber man ebenfalls nicht gern in der Öffentlich­keit diskutiert: Es geht nicht in erster Linie um die Patienten, sondern um Machtpolit­ik. Dank Föderalism­us und Selbstverw­altungspri­nzip ist die Ministerin so ziemlich die schwächste Akteurin im Gesundheit­ssystem. Auch darüber kann man diskutiere­n. Die Regierung sollte die Karten aber offen auf den Tisch legen. Was es nicht braucht, sind Scheindeba­tten über Einsparung­en „im System“. Bei gesamten Verwaltung­skosten von 90 Millionen Euro kann die AUVA schwerlich 500 Millionen einsparen. So weit sollte der mathematis­che Grundkonse­ns reichen.

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